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Einleitung
Die als „linguistische Relativitätsprinzip“ gekennzeichnete Hypothese von den amerikanischen Linguisten Sapir und Whorf beruht auf die Gleichsetzung von Denken und Reden sowie die Determiniertheit der Wirklichkeitserfassung durch die Struktur von Sprache. Demzufolge seien keine zwei Sprachen und keine zwei Kulturen ähnlich genug, um dieselbe Wirklichkeit abzubilden (Stolze 2001: 33-34). Obwohl diese Hypothese in der Sprachwissenschaft sehr umstritten ist, bildet sie jedoch einen interessanten Ausgangspunkt zur Betrachtung von kulturbedingten Übersetzungsproblemen.
Beim Interpretieren sprachlicher Außerungen spielen soziokulturelle Faktoren eine bedeutende Rolle. Als Angehörige einer bestimmten Sprachgemeinschaft und Kultur sind uns viele Phänome der Kultur selbstverständlich: Die Geschichte des eigenen Volks zumindest in groben Zügen, die Eigenarten und Gewohnheiten der Leute – die mentale Welt des Volks –, Bräuche und Traditionen sowie typische Einstellungen, Werte und Vorstellungen in der Kultur. Die Angehörigen der Kulturgemeinschaft benötigen für solche Angelegenheiten keine besonderen Erklärungen. Eine interessante Frage ist, wie es einem Übersetzer gelingt, das Zusammenspiel von der kulturbedingten Wirklichkeitserfassung und dem Sprachgebrauch des Ausgangstextes (AT) in dem zielsprachigen Text (ZT) wiederzugeben.
Metaphern werden oft als Fenster auf die Kultur bezeichnet. Konnotationen – zusätzliche Bedeutungen, z.B. Einstellungen, positive oder negative Bewertungen, die mit einem Wort bzw. einem Begriff verbunden sind – sind oft kulturspezifisch. Die Konnotationen fungieren als Schlüssel zum Verstehen einer Metapher: Um eine Metapher vollkommen verstehen zu können, ist oft ein gewisses gemeinsames Kulturwissen erforderlich. In dieser Arbeit werden Metaphern als bildhafte kognitive Phänomene betrachtet. Durch die Anwendung von einer Metapher werden solche Analogierelationen aktiviert, die in dem metaphorischen Konzept enthalten sind und in einem bestimmten Kontext relevant sind.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der zentralen kulturspezifischen Metaphorik in Kari Hotakainens Roman „Juoksuhaudantie“ und dessen deutscher Übersetzung „Aus dem Leben eines unglücklichen Mannes“ (von Stefan Moster ins Deutsche übersetzt). Einen zentralen Stellenwert in der vorliegenden Arbeit nehmen die Ausdrücke ‚juoksuhaudantie’, ‚kotirintamamies’ und ‚rintamamiestalo’ mit ihren deutschen Entsprechungen. Die ersten zwei Begriffe im Finnischen werden als Metapher betrachtet, der dritte als Symbol.
Zur Betrachtung und Analyse der in dieser Arbeit zu behandelnden Beispiele wird dem kognitiven Metaphernverständnis gefolgt, das auch aus übersetzungsrelevanter Hinsicht interessant ist. Mit Hilfe einiger Modelle der kognitiven Linguistik wird versucht, die Verstehensprozesse der zentralen Metaphern zu erörtern. In der kognitiven Linguistik wird zwischen den konzeptuellen Metaphern, die der sprachlichen Ebene zugrunde liegen und den metaphorischen sprachlichen Außerungen, in denen sich die mentalen Konzepte manifestieren, unterscheidet. Diese Unterscheidung stellt auch in dieser Arbeit eine wichtige Grundlage dar.
Von besonderem Interesse ist, wie es dem Übersetzer gelungen ist, die kulturbedingten Unterschiede in den metaphorischen Konzepten zu berücksichtigen bzw. die Konzepte den zielsprachigen Rezipienten zu vermitteln und die metaphorischen sprachlichen Außerungen im Ausgangstext ins Deutsche zu übertragen. Fokussiert wird auch die Funktion dieser drei metaphorischen bzw. symbolischen Ausdrucks im Original und in der deutschen Übersetzung.
Es handelt sich in dieser Arbeit um kulturbedingte Übersetzungsprobleme. Zunächst wird Einblick in die kulturelle Faktoren gewonnen und die Aufgabe des Übersetzers als Vermittler zwischen verschiedenen Kulturen diskutiert. Danach wird der Begriff von Metaphern erörtert. Den theoretischen Hintergrund zur Betrachtung von Metaphern bietet die kognitive Linguistik. An zentraler Stelle stehen Beiträge von Lakoff/Johnson und Kövecses zu Metaphern sowie das scenes-and-frames-Modell von Vannerem/Snell-Hornby. In Anlehnung an Gedanken von Kussmaul werden auch kreative Lösungen des Übersetzers diskutiert. In den darauffolgenden Kapiteln werden mit Hilfe einiger Modelle der kognitiven Linguistik die aus dem Roman entnommenen Beispiele analysiert. Anhand der Beispiele wird versucht, die Funktion der Metaphern im Original und in der deutschen Übersetzung zu analysieren und herauszufinden, ob sich die Funktionen voneinander unterscheiden. Da das Metaphernverstehen durch soziokulturelle Faktoren beeinflusst ist und Metaphern von den Angehörigen verschiedener Kulturgemeinschaften anders rezipiert werden, wird hier die Hypothese gestellt, dass sich die Funktion der Metaphern in der Übersetzung ändert.
Den übersetzungstheoretischen Hintergrund in dieser Arbeit bietet die s.g. Skopostheorie von Reiß und Vermeer, nach der der Ausgangstext als Informationsangebot betrachtet wird: Der Übersetzer entscheidet je nach dem Skopos, dem Zweck des Translats, was das primär Wichtige bei der Übersetzung ist. Nicht alle Aspekte des Originals können bzw. müssen in der Übersetzung vermittelt werden; im Mittelpunkt steht immer der Zweck der Übersetzung. Danach muss der Übersetzer entscheiden, was er von dem Ausgangstext dem Zieltextrezipienten vorrangig vermitteln will.
Metaphern
Mit dem Begriff von Metapher haben sich verschiedene Disziplinen auseinander gesetzt, u.a. Linguistik, kognitive Linguistik und Psychologie. Es gibt unterschiedliche Annäherungsweisen und Erklärungsmodelle zur Beschreibung von Metaphern und deren Verstehen, die sich zum Teil überschneiden, teils aber auch deutliche Unterschiede aufweisen. Metaphern sind ein vielverwendetes und vieldiskutiertes Phänomen; bis heute sind sie jedoch nicht eindeutig definiert worden.
In diesem Kapitel wird zuerst kurz Einblick in Annäherungsweisen der traditionellen Linguistik und Semantik zu Metaphern gewonnen. Einen zentralen Stellenwert nehmen jedoch die Einsichten der kognitiven Linguistik zur Beschreibung von Metaphern, die m.E. eine übersetzungsrelevante Basis für die Verstehensprozesse und die Analyse der in der vorliegenden Arbeit zu betrachtenden Metaphern liefern können.
Bisher hat sich die Übersetzungswissenschaft relativ wenig mit Metaphern als Übersetzungsproblem beschäftigt. Dabei ist vorwiegend dem linguistischen Metaphernverständnis gefolgt. (Schäffner 1998: 280) In der Metaphernforschung hat lange Zeit die Auffassung von der Metapher als einem bildhaften sprachlichen Ausdruck dominiert, dessen Hauptfunktion in der stilistischen Ausschmückung des Textes liegt: Eine Metapher beruht auf Ahnlichkeiten und kommt durch Bezeichnungsübertragung zustande. Nach der Substitutionstheorie ist die Metapher eine bloße Ersetzung eines eigentlichen Wortes und daher auf eine wörtliche Bedeutung reduzierbar. (Schäffner 1998: 281) Es handelt sich nach dieser Auffassung bei der Anwendung von Metaphern einfach um Substitution, wobei die beiden Ausdrücke – das durch den metaphorischen Ausdruck zu ersetzende Wort und die Metapher – dem Rezipienten genau das Gleiche vermitteln können. Nach dieser Auffassung stellen Metaphern bei der Übersetzung daher auch kein Problem dar. Den kognitiven Ansätzen näher liegt jedoch eine weitere linguistische Theorie, die Interaktionstheorie, nach der ein metaphorischer Ausdruck bestimmte Merkmale eines Gegenstandes selektiv auf einen anderen projiziert, wobei beide interagieren. (ebd: 281)
Metaphern in semantischer Hinsicht
In der Semantik ist das Metaphernverstehen oft als Merkmalsvergleich und -transfer erklärt worden; es handelt sich um eine Übertragung salienter Eigenschaften von einer Bedeutungsrepräsentation auf die andere (Schwarz-Friesel 2004: 87).
Gekennzeichnend für Metaphern ist ihre Bildhaftigkeit. Bildhafte Ausdrücke zeichnen sich dadurch aus, dass sie mehrere Lesarten erlauben. In der Semantik (Löbner 2003: 53) wird mit dem Fachterminus Ambiguität auf ein Wort bzw. einen Ausdruck hingewiesen, dass auf mehrere Weisen interpretiert werden kann. Unter dem Begriff Ambiguität werden verschiedene Arten von Mehrdeutigkeit unterschieden: Es wird z.B. zwischen lexikalischer und kontextueller Ambiguität unterschieden. Bei lexikalischer Ambiguität – Homonymie und Polysemie – handelt es sich um eine im Lexikon festgeschriebene Bedeutungsvariation; ein Lexem ist polysem, wenn es mehrere miteinander verbundene Bedeutungsvarianten hat. Bei Homonymie ordnen sich Mehrfachbedeutungen verschiedenen Lexemen zu, bei Polysemie einem einzigen Lexem. (Löbner 2003: 60-61, 74)
Kontextuelle Ambiguität
Im semantischen Sinne ist in dieser Arbeit von besonderem Interesse die kontextuelle Ambiguität. Damit sind kontextbedingte Bedeutungsverschiebungen gemeint: Wörter und Sätze werden nicht nur für sich genommen, sondern in ihrem Kontext interpretiert; der Kontext erlaubt das Auftreten zusätzlicher Lesarten (Löbner 2003: 64-65). Der grundlegende Unterschied zu lexikalischer Ambiguität besteht darin, dass Bedeutungsverschiebungen nicht im Lexikon festgeschrieben, sondern kontextbedingt sind; der Kontext löst unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten aus, z.B. eine metaphorische Uminterpretation (ebd: 74-75). Kontextbedingte Bedeutungsverschiebungen sind also eine weitere Quelle der Ambiguität von Wörtern und Ausdrücken; der Kontext steuert jeweils bei, wie das Wort oder der Ausdruck zu interpretieren ist bzw. welche zusätzlichen Bedeutungen in einem bestimmten Kontext auftreten. Eine Voraussetzung für die Aktivierung zusätzlicher Bedeutungen ist jedoch, dass die Bedeutung in dem gegebenen Kontext in irgendeiner Weise relevant ist. (Löbner 2003: 65, 71)
Unter kontextueller Ambiguität unterscheidet man u.a. metaphorische Bedeutungsverschiebungen. Es handelt sich dabei um eine Parallelsetzung gewisser Elemente aus zwei verschiedenen Bereichen. Was zum Vergleich herangezogen wird ist nichtwörtlich zu verstehen. Durch die Metapher wird eine Verbindung zwischen gewissen Elementen im ursprünglichen Bild und in seiner metaphorischen Verwendung geschaffen; die parallel gesetzten Komponenten füllen in dem Herkunfsbereich und dem Zielbereich analoge Rollen aus. (Löbner 2003: 69-70)
Kontextuelle Ambiguität bei den Romanbeispielen
Es handelt sich bei den in der vorliegenden Arbeit zu betrachtenden Beispielen – in Termini der Semantik – um kontextuelle Ambiguität. Mit Hilfe von Ansätzen der kognitiven Linguistik werden die zentralen Metaphern im Roman in den folgenden Kapiteln tiefgehender analysiert; hier soll nur kurz auf die kontextbedingte metaphorische Verwendung des Romantitels hingewiesen werden. Der Titel des Originalromans, Juoksuhaudantie, kann in dem Romankontext auf mehrere Weisen interpretiert werden und ist also in diesem bestimmten Kontext ambig. Das Kompositum juoksuhaudantie bzw. juoksu-haudan-tie (Schützengrabenweg bzw. joggen-Graben-Weg) erlaubt mehrere Interpretationsmöglichkeiten je nachdem wie die Teile des Kompositums zusammengestellt werden. Zum einen erlaubt der Romankontext die wortwörtliche Interpretation des Ausdrucks, d.h. die Interpretation des Wortes einfach als Straßennamen, der bei den Romanhandlungen eine wichtige Rolle spielt und in dem Sinne relevant ist. Weitere Interpretationsmöglichkeiten ergeben sich durch kontextuelle Ambiguität. Denkt man an die Teile des Kompositums mit Hilfe der Kriegsszene, die im Roman vielen metaphorischen Bedeutungsverschiebungen zugrunde liegt und einen zentralen Quellenbereich bildet, handelt es sich um eine metaphorische Verwendung des Kompositums juoksuhauta (Schützengraben). Die metaphorische Verschiebung geschieht durch die Parallelsetzung einer kriegstypischer Szene mit der Lebenssituation der Hauptfigur im Roman; Kriegführungsterminologie wird entliehen um die Lebenssituation der Hauptfigur zu beschreiben. Es handelt sich um das Konzept ‚LEBEN IST KRIEG’ (‚LIFE IS WAR’).
Eine weitere zusätzliche Interpretation des Titels lässt sich dadurch erklären, dass es im Kontext der Romanhandlungen mit den lexikalischen Bedeutungen der zwei ersten Teile des Kompositums [juoksu (joggen) – haudan (Graben)] gespielt wird. Ein wichtiges Element im Leben der Hauptperson ist Joggen: Das betreibt er leidenschaftlich; in dem Maße, dass das Ganze, was er macht, ihn ins Grab bringen kann.
Metaphern in kognitiver Hinsicht
Dieser Kapitel befasst sich mit der kognitiven Vorgehensweise zu Metaphern und deren Verstehen. Die zentralen Ansätze der Semantik zu kontextueller Ambiguität und metaphorischen Bedeutungsverschiebungen widersprechen meines Erachtens nicht den Einsichten der kognitiven Linguistik. Beiden Annäherungsweisen ist der Gedanke von Konzepten gemeinsam. Auch Löbner (2003: 70) definiert den Begriff der Metapher mit Hilfe von Konzepten: Konzepte für Dinge aus einem Herkunftsbereich werden entliehen, um damit Dinge im Zielbereich zu beschreiben. Er stellt weiter fest, dass Metaphern heute als grundlegende kognitive Mechanismen betrachtet werden, um aus allgemein vorhandenen Konzepten neue zu bilden (Löbner 2003: 75).
Sprachverstehen im Rahmen der Kognitionswissenschaft
Dem kognitiven Metaphernverständnis liegen die Theorien der Kognitionswissenschaft zum Sprachverstehen als ein komplexer kognitiver Vorgang zugrunde (Schwarz-Friesel 2004: 85). In den letzten Jahren hat die kognitionslinguistische Vorgehensweise von Sprache als ein geistiges Phänomen auch die Linguistik geprägt (ebd: 83). Ohne hier tiefgehender auf die Kognitionswissenschaft eingehen zu können, wird im Folgenden versucht, einige Kerngedanken zu erläutern.
Die kognitive Linguistik beschäftigt sich mit dem Erwerb sowie der Organisation und Speicherung sprachlichen Wissens im Gedächtnis und dessen Aktivierung. Eine zentrale Annahme der kognitiven Linguistik ist, dass alle Wissensinformationen in Form von mentalen Repräsentationen gespeichert sind. Die kognitive Linguistik hat sich besonders mit der Frage beschäftigt, welche Relationen zwischen sprachlichem Kenntnissystem und konzeptuellem Weltwissenssystem bestehen. Sprachliche Außerungen werden als Spuren des zugrunde liegenden Kenntnissystems betrachtet. Die im Kognitionssystem verankerten mentalen Repräsentationen, Schemata, bilden der Umwelt entnommene Zustände ab und entstehen als Resultat von Konzeptualisierungsprozessen. Das Ziel des Sprachverstehens ist es, Sinn zu erzeugen. Bei jedem Sprachverstehensprozess – in ähnlicher Weise läuft auch der Prozess des Metaphernverstehens – konstruiert der Rezipient ein solches mentales Modell. Das konzeptuelle Weltwissen ist im Langzeitgedächtnis eines Rezipienten gespeichert und hilft dem Rezipienten auch Lücken, Vagheiten oder Ambiguitäten im Text zu beseitigen. In der modernen kognitiven Linguistik wird auch die Rolle der affektiv-emotionalen und soziokulturellen Faktoren bei den Konzeptualisierungsprozessen berücksichtigt: Kognitionssysteme sind durch kulturell variable Gegebenheiten beeinflusst, und die Konzeptualisierung der kognitiven Welt entsteht auf der Basis soziokultureller Modelle. (Schwarz-Friesel 2004: 83-85)
Zum kognitiven Metaphernverständnis
In vielen neueren Studien zu Metaphern ist festgestellt worden, dass Metaphern eine zentrale Rolle in der menschlichen Kognition spielen (Kienpointner 2004: 62). In der kognitiven Linguistik werden Metaphern als Konzeptualisierungen betrachtet; mit Metaphern können wir insbesondere das schwer Fassbare, schwer Beschreibbare unserer Geistes-, Gefühls- und Erlebenswelt benennen und greifbar machen und komplexe abstrakte Sachverhalte wiedergeben (Schwarz-Friesel 2004: 83). Eine wichtige Funktion der Metaphern besteht darin, dass sie einen Erfahrungsbereich in den Termen eines anderen verstehbar machen (Schäffner 1998: 281). Nach Lakoff (Lakoff-Johnson 2000: 114) erfüllt eine Metapher ihre Aufgabe, wenn sie einer Zielsetzung dient, nämlich dem Verstehen eines Aspekts des Konzepts. Lakoff stellt weiter fest, dass oft bestimmte Handlungen, Schlussfolgerungen und Ziele in der Metapher impliziert sind (ebd: 164).
Metaphorische Bedeutungen entstehen über mentale Prozesse bei dem Rezipienten und sind nicht allein aus den Bestandteilen der involvierten Bedeutungen abzuleiten (Schwarz-Friesel 2004: 87). Dies ist auch ein deutlicher Unterschied zu dem Merkmalstransfer-Ansatz in der Semantik. Von den zentralen Annahmen der in der Linguistik angewandten Substitutionstheorie unterscheidet sich die kognitive Sicht insbesondere darin, dass es nach dieser Auffassung keine unmittelbaren Ahnlichkeitsbeziehungen zwischen Quellen- und Zielbereich gibt – es handelt sich bei der Metapher also nicht um eine Bezeichnungsübertragung und daher ist Metapher auch nicht auf eine wörtliche Bedeutung reduzierbar (Schäffner 1998: 281). Schwarz-Friesel (2004: 87) stellt fest, dass nicht alle Merkmale, mit deren Hilfe Objekte des Herkunfts- und Zielbereichs miteinander verglichen werden, sich direkt aus den Basisbedeutungen herleiten lassen, sondern erst durch eine spezifische, vom Kontext abhängige Relation. Der jeweilige situative Kontext entscheidet darüber, welches mentale Modell evoziert wird und welche Merkmale und Eigenschaften dem Objekt zugeordnet werden. Auch Glucksberg (2001: 53, 57) erwähnt, dass verschiedene Kontexte unterschiedliche Bedeutungen eines ambigen Wortes oder Ausdruckes aktivieren. Das Metaphernverstehen als kognitiver Prozess beruht auf der Konzeptualisierungsfähigkeit des Rezipienten: Bei der Interpretation geht der Rezipient über die Bestandteile der expliziten Informationskomponenten hinaus und kommt mit Hilfe seines konzeptuellen Weltwissens – bei dessen Entstehen soziokulturelle Faktoren eine wichtige Rolle spielen – zu einer in dem gegebenen Kontext relevanten und adäquaten Interpretation (Schwarz-Friesel 2004: 88).
Zu konzeptuellen Metaphern
In kognitiver Sicht sind Metapher in erster Linie kognitive Erscheinungen, die sich jedoch in der Kommunikation in sprachlichen Strukturen niederschlagen (Schäffner 1998: 281). Bedeutungen werden in der kognitiven Linguistik als an einzelsprachliche Formen gekoppelte Konzepte beschrieben (Schwarz-Friesel 2004: 86). Den linguistisch ausgedrückten Außerungen liegen mentale Konzepte zugrunde, die in der Kognition eines jeden Individuum verankert sind und in denen das Weltwissen – das wiederum durch soziokulturelle Gegebenheiten beeinflusst ist – und die Erfahrungen des Individuums mit eingeschlossen sind (Schwarz-Friesel 2004: 85; Kövecses 2002: 69, Lakoff/Johnson 1980: 142). Eine wichtige kognitive Funktion der Metaphern besteht darin, dass sie einen Erfahrungsbereich in den Termen eines anderen verstehbar machen. Es handelt sich um Projizierungen (‚mappings’ in Termen von Lakoff/Johnson): Bestimmte Elemente aus dem Quellenbereich (‚source’) werden auf den Zielbereich (‚target’) projiziert (Schäffner 1998: 281). Zur Beschreibung von Metaphern stellt Lakoff fest:
„The metaphor is not just a matter of language, but of thought and reason. The
language is secondary. The mapping is primary, in that it sanctions the use of
source domain language and inference patterns for target domain concepts.
The mapping is conventional; that is, it is a fixed part of our conceptual system.“
(Lakoff 1993: 208; zitiert in Glucksberg 2001: 91)
Wegweisend und vielzitiert in der kognitiven Metaphernforschung ist das Werk „Metaphors We Live By“ (1980) von Lakoff und Johnson. In Anlehnung an den Kerngedanken von Lakoff über Metaphern als konzeptuelle Phänomene erörtert auch Kövecses (2002) den Begriff von Metapher. Er bezeichnet Metaphern als „kognitive Werkzeuge“ und unterscheidet zwischen metaphorischen linguistischen Außerungen und diesen linguistischen Formen zugrunde liegenden Konzepten. Kövecses (2002) stellt fest, dass die konzeptuelle Metaphern auf die Projizierung der relevanten Merkmale von dem Konzept des Quellenbereichs auf das Konzept des Zielbereichs beruhen. Auch wird bei Kövecses die Bedeutung des Kontextes für die Metapherinterpretation betont. Die Voraussetzung für das Verstehen einer Metapher ist, das der Rezipient den Zugang zu den Kernelementen hat, worauf metaphorische Relation beruht. Wenn der Rezipient diese Relationen bzw. die gemeinsamen relevanten Merkmale nicht erkennen oder in einer kohärenter Weise nicht erschließen kann, bleibt die Metapher für den Rezipienten unverständlich. (Kövecses 2002: 29)
Insbesondere zur Beschreibung von emotionsbezogenen Metaphern ‚X ist Y’. Das Konzept Y gibt an, auf welche Weise das Konzept X konzeptualisiert ist; die Bedeutungskomponenten des Konzepts X kennzeichnen das Konzept Y. Wichtig dabei ist einer der Kerngedanken der kognitiven Linguistik im Rahmen der Metaphernforschung, nämlich die Idee von konzeptuellen Metaphern: Es wird zwischen konzeptuellen Metaphern und der linguistischen Ebene unterschieden; konzeptuelle Metaphern manifestieren sich in metaphorischen sprachlichen Außerungen. (Kövecses 2002; Lakoff 1980)
Lakoff und Kövecses führen viele Beispiele von emotionsbezogenen Metaphern ein. Zu den in der einschlägigen Literatur vielzitierten Beispielen gehört das Konzept von 'LOVE' (Liebe), das z.B. mit Hilfe der Konzepte von Reise oder Krieg gekennzeichnet wird. Bekannt sind die konzeptuellen Metaphern 'LOVE IS A JOURNEY' und 'LOVE IS WAR', die durch unterschiedliche sprachliche Außerungen verbalisiert werden (z.B. We're at a crossroads, It's been a bumpy road) (Kövecses 2002).
Metaphern als Übersetzungsproblem
Werden Metaphern als linguistische Erscheinungen und bloße Ersetzungen eines eigentlichen Wortes betrachtet, bereiten sie beim Übersetzen auch keine besonderen Schwierigkeiten. In der Metaphernforschung – darauf stützend auch in der übersetzungswissenschaftlichen Forschung – hat aber in jüngster Zeit die kognitive Sichtweise zu Metaphern an Einfluss gewonnen (Schäffner 1998: 281). Hinter den Problemen der Metaphernübersetzung verbergen sich teils kulturelle Unterschiede. Metaphern lösen unterschiedliche Assoziationen bei Rezipienten verschiedener Kulturgemeinschaften aus, teilweise weil der Quellenbereich der AS-Metapher [AS=ausgangssprachlich] in der Soziokultur der ZS-Gemeinschaft [ZS=zielsprachlich] keine (bedeutende) Rolle spielt (Schäffner 1998: 284). Nach einigen Ansichten wären Metaphern unübersetzbar, da die mit der Metapher in der Ausgangssprache verbundenen kulturellen Erfahrungen und semantischen Assoziationen in der Zielsprache nicht reproduzierbar seien und die Reproduktion des Effekts bei dem zielsprachigen Rezipienten durch die kulturellen Faktoren behindert wird (ebd: 281-282). Lakoff weist jedoch auch darauf hin, dass die Bedeutung, die der einzelne Mensch einer Metapher beimisst, teils kulturell bedingt, teils aber auch an seine persönliche Biographie gebunden ist (Lakoff-Johnson 2000: 164). Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, die kulturspezifischen Unterschiede bei den zentralen konzeptuellen Metaphern im Roman „Juoksuhaudantie“ herauszufinden und das darauf beruhende Verstehen der Analogierelationen zu diskutieren. Teils sind die hier zu betrachtenden metaphorischen Konzepte und Außerungen kulturübergreifend, teils aber auch kulturspezifisch, was beim Übersetzen besonders zu berücksichtigen ist.
Zur Universalität der Metaphern
Eine sehr interessante Frage ist, ob konzeptuelle Metapher universell sind; ob den metaphorischen sprachlichen Außerungen unabhängig von der Sprache und Kultur gleiche konzeptuelle Metaphern zugrunde liegen (Kövecses 2002: 163). Auch Kienpointner (2004) diskutiert die Frage nach Universalität vs. Sprach- und Kulturspezifität von Metaphern für Emotionen. Anhand einiger empirischer Studien stellt er fest, dass es Gemeinsamkeiten gibt zwischen verschiedenen Sprachen bei der Konzeptualisierung und Verbalisierung von emotionsbezogenen Metaphern: Als Beispiel erwähnt er Metaphern für Liebe und Hass im Deutschen und Englischen, die mit gleichen Herkunfsbereichen operieren und große Ahnlichkeiten miteinander aufweisen. Unterschiede zeigen sich vorwiegend im Konventionalisierungsgrad einzelner Metaphern. (Kienpointner 2004: 75-76)
Kienpointner (2004: 86) stellt fest, dass sich jedoch beträchtliche Unterschiede im Bereich der Liebe/Zorn-Metaphorik z.B. in den nordamerikanischen Indianersprachen zeigen, die auch untersucht worden sind. Wichtige Unterschiede bestehen auf der kulturellen Ebene, die der Konzeptualisierung und Verbalisierung von Begriffen zugrunde liegt. Ein Konzept, das in einer Kultur und Sprache lexikalisch ausgedrückt wird, wird in einer anderen Kultur nicht unbedingt versprachlicht: In einigen Indianersprachen fehlen viele Metaphern für starke Emotionen, die in diesen Sprachen überhaupt eher durch Handlungen gezeigt werden als sprachlich realisiert werden. Kienpointer (2004: 88-89) stellt die Hypothese vor, dass die speziellen Unterschiede immer größer und fundamentaler werden je größer die sprachliche und kulturelle Distanz ist. Selbst wenn es sich bei dem Beispiel von Emotionsmetaphern im Deutschen/Englischen und in den Indianersprachen um extrem größe kulturelle Unterschiede handelt, was nicht der Fall ist bei der Betrachtung der Metaphern im Finnischen und Deutschen im Allgemeinen, darf man auch hier die Bedeutung der kulturellen Faktoren nicht unterschätzen. Solche Metaphern, die in der anderen Sprache nicht konventionalisiert sind bzw. bei deren Verstehen bestimmtes kulturelles Hintergrundwissen erforderlich ist, stellen beim Übersetzen eine größere Herausforderung dar.
Kulturübergreifende vs. kulturspezifische Metaphorik im Roman
Bei den meisten in dieser Arbeit aufgeführten Beispielen ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um konventionelle Metaphern handelt, sondern um neue, kreative, autor- und werkspezifische Metaphern. Wichtig ist dabei auch, dass der spezifische Kontext – der Romankontext – die metaphorischen Bedeutungen aktiviert. Eben wurde erwähnt, dass sich die kognitive Linguistik mit konzeptuellen Metaphern und sprachlichen Außerungen beschäftigt, in denen sich diese Konzepte manifestieren. Es lässt sich feststellen, dass vielen sprachlichen Außerungen im Roman / den in dieser Arbeit zu betrachtenden Metaphern das Konzept ‚LOVE IS WAR’ (‚Liebe ist Krieg’) zugrunde liegt: Als Herkunfsbereich für die metaphorischen Außerungen werden Krieg und das kriegspezifische Vokabular verwendet. Anhand einiger dem Roman entnommenen Beispiele wird im Folgenden gezeigt, wie sich die konzeptuelle Metapher / das Konzept in sprachlichen Außerungen manifestiert / lässt sich das Konzept LIEBE bzw. BEZIEHUNG IST KRIEG feststellen. Dies zeigt sich in metaphorischen linguistischen Außerungen z.B. folgendermaßen:
Fi. Lopulta juutuimme kitkerään asemasotaan.()Asemasota päättyi
ratkaisemattomaan. Tykkien jyly vaikeni, ()Osapuolet kyttäsivät
toisiaan, () odottivat ratkaisevaa siirtoa. (S. 17-18)
Dt. Schließlich saßen wir in einem erbitterten Stellungskrieg fest, ()
Der Stellungskrieg endete unentschieden. Das Donnern der
Geschütze verstummte, () Die Gegner belauerten sich, ()
warteten auf den entscheidenden Zug. (S. 18)
Fi. Panin täytäntöön laajamittaisia operaatioita hänen vapauttami-
sekseen lieden äärestä. Olin herkeämättä muonavalmiudessa, ()
(S. 16)
Dt. Ich führte komplexe Operationen durch, um SIE vom Herd zu
befreien, und wurde nicht müde darin, gute Kost bereitzustellen
(S. 16)
Fi. Olin valmis aselepoon, () (S. 19)
Dt. Ich war zur Waffenruhe bereit, () (S. 19)
Fi. () jokaisen eron jälkeen taajamiin jää kaksi kasapanosta, ()
(S. 20)
Dt. ()denn nach jeder Scheidung bleiben zwei Ladungen Spreng-
Stoff zurück, () (S. 20)
Fi. Anteeksianto on vaarallista, se laskee aseet. (S. 296)
Dt. Verzeihen ist gefährlich, es bewirkt, daß man die Waffen sinken
Läßt. (S. 297)
Die voranliegenden Beispiele zeigen, dass den metaphorischen linguistischen Außerungen (durch Fettdruck markiert in den obigen Beispielen) sowohl in der Ausgangssprache (Finnisch) als auch in der Zielsprache (Deutsch) die gleiche konzeptuelle Metapher – das Konzept LIEBE IST KRIEG – zugrunde liegt. Der Übersetzer hat diese metaphorischen Ausdrücke konsequent durch entsprechende metaphorische linguistische Außerungen im Deutschen wiedergegeben. Die metaphorischen linguistichen Außerungen in den beiden Sprachen weisen also die gleiche Bildlichkeit auf. Auf der kognitivlinguistischen Ebene handelt es sich in den obigen Beispielen um ein metaphorisches Konzept, das kulturübergreifend ist: Um die Analogie verstehen zu können ist kein kulturspezifisches Wissen erforderlich; für die Rezipienten beider Kulturgemeinschaften ist die Anwendung des Quellenbereichs und dessen Terminologie verständlich. Beim Übersetzen bilden solche Metaphern kein besonderes Problem.
An zentraler Stelle in dem Roman stehen jedoch zwei metaphorische Konzepte, die für die Romanhandlungen und das Thema eine wichtige Rolle spielen. Die Interpretation dieser Metaphern bedarf jedoch / anzunehmen ist jedoch, dass die Interpretation dieser Metaphern durch den ZT-Leser / bei dem Romantitel erfolgt die Interpretation auf einer anderen Basis allein aufgrund dessen, dass der Titel in der deutschen Übersetzung semantisch anders motiviert ist, semantisch nicht äquivalent ist, einen ganz anderen Motivationshintergrund aufweist (Juoksuhaudantie vs. Aus dem Leben eines unglücklichen Mannes). Bei dem Verstehensprozess bei der anderen Metapher, kotirintamamies (u.a. Heimfrontmann) handelt es sich um Unterschiede, die auf unterschiedliche kulturelle Hintergründe, unterschiedliche Erfahrungen und Einstellungen der Mitglieder/Angehörigen der beiden Kulturen zu Krieg, Leistungen im Krieg, Erinnerungen vom Krieg, Konnotationen die mit Kriegskämpfer bzw. Veteranen verbunden sind Es handelt sich bei beiden Metaphern um Konzepte bei denen Verstehen gewisses kulturelles Wissen benötigt wird / um Konzepte, dei aufgrund kulturell unterschiedlicher (kulturspezifischer Art und Weise interpretiert werden) / bei denen Konzeptualisierungsprozess kulturspezifische Unterschiede bezüglich Kriegserfahrungen und –erinnerungen eine bedeutende Rolle spielen- die Interpretation beisteuern, beeinflussen. Diese kulturspezifischen Metaphern werden in den folgenden Kapiteln analysiert. Bei der Analyse wird vor allem die Funktion der Metaphern fokussiert und ob die Funktionen im Original und in der Übersetzung übereinstimmen.
Lakoff/Johnson und Kövecses haben sich überwiegend mit konventionellen konzeptuellen Metaphern beschäftigt. Bei den hier zu erörternden Beispielen handelt es sich jedoch um unkonventionelle kreative Metaphern, deren Verstehen kontext- und kulturabhängig ist. Es handelt sich um autor- bzw. werkspezifische Metaphern, die in dem ganz bestimmten Kontext, dem der Romanhandlungen, eine spezifische Funktion haben. Wie schon im voranliegenden Kapitel festgestellt, liegt zwar vielen metaphorischen Außerungen das Konzept LIEBE IST KRIEG bzw. LEBEN IST KRIEG zugrunde. Was aus der übersetzungsrelevanter Hinsicht jedoch besonders interessant ist, sind die konzeptuellen Metaphern, die sich auf die konventionellen Konzepten beruhen und durch den Autor weiterentwickelt worden sind.
Zu der Metapher „kotirintamamies“
Eine zentrale Metapher / ein bedeutungstragender Begriff im Roman ist der Begriff „kotirintamamies“. In der deutschen Übersetzung ist der Begriff durch verschiedene Übersetzungsvariante wiedergegeben worden: Die von dem Übersetzer verwendeten deutschen Entsprechungen sind „Frontkämpfer“, „ein Mann von der Heimatfront“, „Heimatfrontkämpfer“. Das erste Mal taucht der Begriff schon ziemlich am Anfang des Romans auf und zwar im folgenden Kontext / Der Autor führt den Begriff schon am Anfang des Romans ein und motiviert gleichzeitig seine Anwendung als Metapher:
Bsp. 1
Fi. () toivon kipinän sytyttänyt punainen talo oli vanha rintamamiestalo,
johon oli myöhemmin rakennettu lisäsiipi. Sattumaa tai ei, olin itse
kotirintamamies, naisten vapaussodan veteraani. Kuuluin siihen
ryhmään, joka ensimmäisenä maassamme otti päätehtäväkseen
kotirintaman ja naisen vapauttamisen. () Kotirintamamies
hoitaa kotityöt ja ymmärtää naista. (S. 15-16)
Dt. () daß jenes Haus, das den Hoffnungsfunken entzündet hatte, ein altes
Frontkämpferhaus war, an dem später ein zusätzlicher Flügel angebaut
worden war. Und zufällig, oder auch nicht, war ich selbst ein Front-
kämpfer, ein Veteran aus dem Befreiungskrieg der Frauen. Ich gehörte
zu der Gruppe, die in diesem Land als erste an der Heimatfront um die
Befreiung der Frau gekämpft hatte. () Ein Mann von der Heimatfront
erledigt die Hausarbeit und versteht seine Frau. (S. 15-16)
Zu der Interpretation eines Ausdrucks als Metapher stellt Elovaara fest, dass der Kontext in bedeutendem Maße dazu beiträgt, dass ein bestimmter Ausdruck als Metapher zu verstehen ist. In einem Kontext, in dem die wörtliche Interpretation des Ausdrucks keinen Sinn machen würde bzw. die wörtliche Interpretation nicht relevant ist, wird die metaphorische Interpretation aktiviert. Diese Interpretation wird durch andere mit dem betreffenden Ausdruck eng zusammenhängende Ausdrücke des gleichen Bildbereichs weiter unterstützt.
Eine Metapher wird mit Hilfe der Konnotationen verstanden (Elovaara : 56). Zu Konnotationen stellt Löbner (2003: 48) fest, dass man bei der Benutzung eines Ausdrucks mit deskriptiver Bedeutung bei seinen Adressaten nicht nur das semantische Konzept, das mit der Wortform mental als Bedeutung verknüpft ist, aktiviert, sondern einen ganzen Hof von Assoziationen. Einige davon sind persönlich, andere dagegen kulturell, d.h. aktuelle Standards einer kulturellen Gemeinschaft; diese kulturellen Assoziationen nennt man Konnotationen. Um eine Metapher verstehen zu können / Da die Metapher mit Hilfe der Konnotationen verstanden wird, muss der Rezipient die Konnotationen kennen. Elovaara (: 62-63) erwähnt, dass eine wichtige Voraussetzung für das Verstehen einer Metapher ist, dass der Quellenbereich dem Rezipienten bekannt ist.
Schon in diesem ersten Beispiel, in dem der Autor die Metapher einführt, wird ihre Anwendung motiviert. Der Autor selbst erklärt, welche Elemente des Zielbereichs aktiviert werden sollen bei der Interpretation dieses metaphorischen Ausdrucks: Wichtige Merkmale des Zielbereichs sind / Schon in diesem Kontext wird es klar, dass es sich bei der Anwendung der Metapher um die Befreiungskrieg der Frauen, um Geschlechterrollen, handelt. Dass es sich um eine Metapher handelt – um einen Frontkämpfer im übertragenen Sinne – kann durch den weiteren Kontext befürwortet werden. Der Autor gibt eine Erklärung für die Metapher indem er selber den Quellenbereich, der die Basis für die Analogien bildet, nennt.
Bsp. 2
Fi. Se ensimmäinen rintamamiessukupolvi, joka oli talonsa itse rakentanut
ja niille nimensä antanut, () He olivat vapauttaneet maan, naisen vapauttaminen ja kotirintaman huolto olivat jääneet minun sukupolvelleni. (S. 22)
Dt. Die erste Frontkämpfergeneration, die ihre Häuser selbst gebaut und
ihnen den Namen gegeben hatte, () Sie hatten das Land befreit, die Befreiung der Frau und die Arbeit an der Heimatfront überließen sie meiner Generation. (S. 22)
In den obigen zwei Beispielen wird auch ein anderer für die metaphorische Szene wichtiger Begriff erwähnt, nämlich der Begriff „rintamamiestalo“ („Frontkämpferhaus“). Zu dem Begriff und seine Symbolfunktionen wird im weiterer Verlauf dieser Arbeit noch näher eingegangen. Dass der Autor hier die erste Frontkämpfergeneration erwähnt, präsupponiert dass es auch eine zweite gibt – die Frontkämpfer der ersten Generation fungieren als Quellenbereich: Die Eigenschaften der ersten Frontkämpfer werden auf die der zweiten Generation projiziert. Wichtig ist weiter die Gleichsetzung der Kriege beider Frontkämpfergenerationen, zwischen gewissen Elementen werden Analogien gebaut und das Verstehen der Metapher im Romankontext setzt die Fähigkeit des Rezipienten, diese Zusammenhänge erschließen zu können, voraus. Der Autor spielt in seinem Roman mit seinen unkonventionellen Metaphern, deren Metaphercharaktär erst durch den Romankontext zustande kommt.
Dass es sich hier um eine Metapher handelt, um die Anwendung des Ausdrucks im übertragenen Sinne, zeigt sich u.a. darin, dass das Wort ‚Frontmann’ nicht in der traditionellen Sinne – in traditioneller Kriegssituation – zu verstehen ist. Der zusammengesetzte Ausdruck ist nicht lexikalisiert, sondern es handelt sich um eine autor- und werkspezifische Metapher, der im Romankontext eine bestimmte Funktion zukommt. Er funktioniert in diesem spezifischen Kontext als Metapher, indem damit Zusammenhänge zwischen zwei verschiedenen Konzepten geschaffen werden – das Verstehen einiger Aspekte des Zielkonzepts erfolgt mit Hilfe der den Rezipienten der AT-Kultur bekannten Aspekte der Kriegshelden.
Die in diesem Kontext relevanten Aspekte beider Bereiche – sowohl die des Quellenbereichs als auch die des Zielbereichs – bedürfen bestimmten kulturellen Hintergrundwissens. Hier wird vor allem mit Konnotationen gespielt, die bei den Rezipienten der AT- und ZT-Kultur voneinander abweichen. Für das Verstehen des Begriffs ‚Frontkämpfer’ und seine Anwendung als Quellenbereich für die Metapher ist entscheidend wichtig, dass der Rezipient die Konnotationen auf gewünschte Weise erschließen kann. Den Quellenbereich bilden hier die tatsächlichen (finnischen) Frontkämpfer, die für die Unabhängigkeit des Vaterlandes gekämpft haben, dafür also Anerkennung verdienen. Für ihre Leistungen im Krieg / Was sie geleistet haben im Krieg wird mit Stolz- und Dankbarkeitsgefühlen konnotiert. Für unsere Unabhängigkeit haben sie alles getan. In den folgenden Beispielen wird darauf hingewiesen.
Bsp.
Fi. () erätauon aikana näemme nauhalta kenraali Adolf Ehrnroothin
tervehdyksen Suomen leijonajoukkueelle. Kenraali istui tuolissaan, tärisi ja puhui itsenäisen isänmaan merkityksestä. Hän käski poikia taistelemaan rehdisti loppuun saakka. (S. 8)
Dt. () in der Drittelpause sähen wir in einer Einspielung den Gruß von
General Adolf Ehrnrooth an das Team der Finnischen Löwen. Der General saß in seinem Sessel, zitterte und sprach von der Bedeutung eines unabhängigen Vaterlandes. Er befahl den Jungs, bis zum Schluß aufrecht zu kämpfen. (S. 8)
Der obige Beispiel enthält auch eine Allusion – eine Anspielung auf eine Person, die in der finnischen Kultur fast allen bekannt ist und – besonders in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung hat – die Unabhängigkeit Finnlands gewissermaßen symbolisiert. Selbst wenn es hier im Kontext von Eishockeyspiel und –Mannschaft auftritt, kann diese Stelle auch als textinterne Anspielung gesehen werden; damit ist auch die Handlung der Hauptperson rechtfertigt. Hinsichtlich der Lösungen des Übersetzers lässt es sich fragen, ob zum Beispiel eine erklärende Übersetzung bei dem Namen des Generals nicht ein geeignetes Verfahren gewesen wäre, zumal der General für die zielkulturellen Leser höchstwahrscheinlich nicht bekannt ist. Weiter bleibt auch zu fragen, inwiefern die Bedeutung eines unabhängigen Vaterlandes für einen deutschen Leser überhaupt zu verstehen ist. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Lösungen des Übersetzers, sondern im allgemeinen um Konzepte, die bei den ausgangskulturellen und zielkulturellen Rezipienten nicht gleich sind.
Ein anderes Beispiel, das ein weiterer Beweis von der Metaphercharaktär des Ausdrucks ‚kotirintamamies’ ist (im gleichen Kapitel ist von der Kriegsgeschichte Finnlands, von einer entscheidenden Schlacht im Krieg die Rede):
Bsp.
Fi. Minulla ei ollut kuin yksi tykki, mutta jos tiedän mihin sen suuntaan
se riittää. Suomi voitti tuolla legendaarisella torjuntataistelulla aikaa, sitä samaa minäkin halusin. (S. 54)
Dt. Ich hatte nicht mehr als ein Geschütz, aber solange mir klar war, wohin
ich es richten mußte, genügte mir das. Finnland gewann durch jene legendäre Abwehrschlacht Zeit – also dasselbe, was ich auch wollte. (S. 55)
Dass es sich um einen Krieg im übertragenen Sinne handelt zeigt sich auch in den folgenden Beispielen:
Bsp.
Fi. Elämäni oli kulunut naisten vapaussodassa, nyt minun oli noustava
poterosta ja otettava selvää, mistä kodin ulkopuolinen maailma on rakennettu. (S. 21)
Dt. Im Befreiungskrieg der Frauen waren die Jahre zerronnen, jetzt mußte
ich aus meinem Loch kommen und herausfinden, woraus die Welt draußen zusammengesetzt war. (S. 21)
In dem obigen Beispiel ist das kriegstypische Wort ‚potero’ im Finnischen durch kein kriegsspezifisches Wort ins Deutsche übertragen worden.
Fi. Kuinka olen valmis rauhaan ja sotakorvauksiin ja vaikka rukkaamaan
vanhoja rajoja sinun hyväksesi. (S. 77)
Dt. Ich bin zum Frieden und zu Reparationen bereit, ich würde sogar den
alten Grenzverlauf zu deinen Gunsten nachbessern. (S. 79)
In der Bewertung im Zusammenhang mit der Erteilung des renommierten Preises an den Autor hieß es zur Begründung, dass es sich um einen gesellschaftskritischen Roman handelt. Diese Gesellschaftskritik wird auch teils durch die Anwendung der Metaphern ausgeübt (kommt zustande) und zeigt sich u.a. im folgenden Beispiel: Um solche Anspielungen an die Anderungen in der Gesellschaft nachvollziehen zu können, wäre ein gemeinsamer kultureller Hintergrund erforderlich. Es handelt sich bei diesem Beispiel auch darum, dass nicht nur der Quellenbereich mit seinen Konnotationen relevant für das Verstehen ist, sondern dass auch der Zielbereich beim Verstehen einer Metapher eine wichtige Rolle spielt. Dass es im Roman mit Hilfe der Metaphorik Gesellschaftskritik ausgeübt wird, zeigt sich u.a. im folgenden Beispiel / eine wichtige Funktion, die der Anwendung der Metapher ‚kotirintamamies’ zukommt / Funktion: Gesellschaftkritik auszuüben:
Fi. Ei minun koskaan pitänyt olla elimellinen osa tätä Suomi-Virasto-Suomi-
suursanakirjaa, jonka uusin laitos oli ilmestynyt tajuntoihimme 90-luvun alussa.
Lähestymiskielto.
Huostaanotto.
Tapaamisoikeus.
Yhteishuoltajuus.
Turvakoti.
Vanhat rintamamiehet eivät tienneet näistä termeistä mitään, he olivat lukeneet aivan toisenlaista sanakirjaa.
Eturintama.
Tykistökeskitys.
Rintamalinja.
Rauhanehdot.
Jälleenrakennus.
Nämä sanat olivat heille tuttuja, uusista termeistä he eivät tienneet mitään, koska he eivät olleet koti-ihmisiä. Isänmaan pelastamiseen heidän voimansa menivät, sen rytäkän jälkeen he perustivat koteja, joiden hajottamiseen heillä ei enää löytynyt kiinnostusta. () Mutta niin kuin eivät hekään, en minäkään tehtävää valinnut, se valitsi minut. He halusivat säilyttää vanhat rajat, minä perheeni. Heidän innokkaimmat johtajansa halusivat Karjalan takaisin, minä perheeni. (S. 163-164)
Dt. Dabei hätte ich nie ein wesentlicher Bestandteil des Finnisch-Amts-
finnisch-Wörterbuchs werden sollen, dessen neueste Auflage Anfang der neunziger Jahre in unserem Bewußtsein erschienen war.
Annäherungsverbot.
Inobhutnahme.
Besuchsrecht.
Gemeinsames Sorgerecht.
Frauenhaus.
Die alten Frontkämpfer wußten nichts von dieser Terminologie, sie hatten ein ganz anderes Wörterbuch.
Vorderste Linie.
Artilleriekonzentration.
Frontverlauf.
Friedensbedingungen.
Wiederaufbau.
Diese Wörter waren ihnen bekannt, von den neuen wußten sie nichts, weil sie keine häuslichen Menschen waren. Die Rettung des Vaterlandes kostete sie ihre ganze Kraft, anschließend gründeten sie Haus und Heim und waren an Zerstörung nicht mehr interessiert. () Aber so wie sie hatte auch ich mir meine Aufgabe nicht ausgesucht, sondern war von ihr gewählt worden. Sie wollten die alten Grenzen bewahren, ich meine Familie. Ihre eifrigen Anführer wollten Karelien zurück, ich meine Familie. (S. 166-167)
Im obigen Beispiel werden die Kriege beider Frontkämpfer beschildert – Kriege, deren Gleichsetzung – selbst wenn die Kriege aus unterschiedlichen, voneinander abweichenden Elementen besteht – für das Entstehen der Metapher wichtig ist. Fettgedruckt sind die Stellen, die den Vergleich besonders manifestieren. Verglichen werden hier die Ziele beider Kriege (die Rettung des Vaterlandes, Bewahrung der alten Grenzen, das Zurückbekommen von Karelien vs. die Bewahrung der Familie bzw. des Familienglücks, das Zurückbekommen der Familie) Ob allerdings die Bedeutung von Karelien und das Verlieren/Zurückbekommen von Karelien dem deutschen Leser klar ist lässt sich fragen. Zu vermuten ist, dass der ZT-Leser den Quellenbereich, aus dem die Elemente für Analogiebildung entnommen sind / stammen, nicht in ausreichendem Maße kennt. Auch fällt die Lösung des Übersetzers bei dem Wort ‚koti-ihmisiä’ auf: In dem finnischen Wort ist die Anspielung auf ‚kotirintamamies’ inbegriffen, das Wort erklärt eigentlich das Wortspiel, die lexikalische Ebene der Metapher (‚rintamamies’ – ‚kotirintamamies’) – diese Erklärung ist aber nicht in der deutschen Entsprechung zu finden / enthält die Erklärung, wie dieser neue, unkonventionelle Ausdruck entstanden ist. Falls der Übersetzer der Idee von Heimatfront bzw. dass dieser Krieg überwiegend zu Hause, im Heim geführt wird auf der wörtlichen Ebene konsequent gefolgt wäre, wäre an dieser Stelle eine andere Übersetzungslösung eventuell besser, adäqueter gewesen – eine Entsprechung, die aus dem selben Wort besteht wie der metaphorische Ausdruck /Wichtig ist jedoch die Idee, dass durch die Anwendung von der Metapher kreativ neue, konventionell nicht existierende Ahnlichkeiten geschaffen werden (vgl. Lakoff , Kövecses , Glucksberg ) Auf diese erst durch den Kontext, durch die von dem Autor verwendeten kreativen Metaphern und die ihnen zugrunde liegenden Assoziationen beruht die Funktion der Metaphern im Roman. Der Autor will den Zustand der finnischen Gesellschaft kritisieren und die Rolle des Mannes diskutieren und das wird mit Hilfe der Metapher, die ihre Motivation aus kriegsspezifischen Terminologie holt, verwirklicht / das geschieht Was allerdings auffällt,
Das Verstehen konzeptueller Metaphern beruht also auf Projizierungen – einige relevante Aspekte bzw. Merkmale von Objekte des Quellenbereichs werden auf Objekte des Zielbereichs projiziert / dass mit Hilfe einiger Aspekte von Objekten des Quellenbereichs Objekte des Zielbereichs verständlich sind. Kövecses erwähnt (2002: 80), dass gekennzeichnend für den Projizierungsprozess ist, dass durch die Anwendung einer konzeptuellen Metapher abhängig von dem jeweiligen Kontext bestimmte Aspekte fokussiert werden indem andere Aspekte, gleichzeitig in den Hintergrund gerückt werden. Nicht alle Aspekte werden übertragen, sondern nur diejenigen, die im jeweiligen Kontext relevant sind. In diesem Beispiel sind die relevanten Aspekte, die fokussiert werden und mit deren Hilfe sich die Denkweise und die Handlung der Hauptperson erklären lassen, die Einstellungen der Angehörigen der finnischen Kulturgemeinschaft zu Frontkämpfern als Helden. Das Konzept hinter dem metaphorischen linguistischen Ausdruck ‚kotirintamamies’ (‚Mann von der Heimatfront’) lautet für die Rezipienten der AT-Kultur / kann in den Formel / Das Verstehen des metaphorischen Ausdrucks bedarf des Verstehen des Konzeptes hinter den sprachlichen Ausdruck. Die Kerngedanken können in Form von zwei miteinander verbundenen Konzepten zusammengefasst werden, und zwar können die Konzepte in Termen von Lakoff und Kövecses wie folgt formuliert werden: HAUSMANN IST FRONTKAMPFER und FRONTKAMPFER IST HELD. Das erste Konzept dürfte einigermaßen / mag auch den zielkulturellen Rezipienten verständlich sein – schon allein dadurch, dass der Autor selber viele Zusammenhänge erläutert und dem Leser beim Erschließen der metaphorischen Relation zwischen ‚eigentlichen’ Frontkämpfern und den ‚Männern von der Heimatfront’ hilft. Der erste Teil des Konzeptes kann auch auf der sprachlichen Ebene als Spiel mit Wörtern betrachtet werden: Es lässt sich fragen, ob die Interpretation durch einen ZT-Lesers auf der sprachlichen Ebene bleibt, als schönes Spielchen mit Wörtern interpretiert wird und die konzeptuelle Metapher, die dahintersteckt nicht verständlich wird. Der zweite Teil des Konzeptes dürfte auf jeden Fall einem zielkulturellen Leser unverständlich sein. Selbst wenn – schon allein durch den Autor – die Analogie zwischen den eigentlichen Frontkämpfern, denen, die im Krieg für die Unabhängigkeit Finnlands gekämpft haben, und den Heimatfrontkämpfern (kein besonders gelungenes Wort, da die Anspielungen nicht leicht zu verstehen sind) im Roman explizit vorhanden ist, bleibt die Funktion der Metapher dem ZT-Leser unverständlich. Die Konnotationen, die der Schlüssel zum Verstehen der Metapher sind, muss der Leser selber erschließen können.
Um die Konzepte als Rezipienten auf eine für den Romankontext relevante Weise erschließen zu können, setzt voraus, dass die Frontkämpfer in der betreffenden Kultur als Helden betrachtet werden.
Die eigentlichen Frontkämpfer, die im eigentlichen Krieg für die Unabhängigkeit gekämpft haben, bilden also den Quellenbereich. Bestimmte Eigenschaften werden in diesem spezifischen Kontext fokussiert: An zentaler Stelle stehen die Einstellungen der Angehörigen der finnischen Gesellschaft zu den Frontkämpfern – es handelt sich um Stolz, Dankbarkeit und Anerkennung, alles positive Gefühle bzw. Einstellungen, die positiv konnotiert sind. Wichtig für das richtige Verstehen der Metapher ist also, dass die negativen Aspekte, die auch mit dem Begriff ‚Krieg’ verbunden sind, hier in diesem spezifischen Kontext in den Hintergrund gerückt werden, nicht berücksichtigt werden. Für den Zieltextempfänger ist die Möglichkeit der Inferenzbildung – die Erschließung der angegebenen Analogien, explizit nicht gegebenen Informationen – nicht in gleichem Maße gegeben wie für den Ausgangstextempfänger (vgl. Böhler 1998: 118-119). Wenn aufgrund unterschiedlicher kulturellen Hintergründe bei den Rezipienten des Zieltextes die durch positive Merkmale geprägten Konnotationen fehlen, bewirkt das automatisch auch das Verstehen der Metapher; was der Autor durch die Anwendung der Metapher ausdrücken will, bleibt dem ZT-Rezipienten unverständlich und ist ihm nicht nachvollziehbar.
Wie oben schon festgestellt, handelt es sich bei den Beispielen um unkonventionelle, kreative Metaphern. Das Verstehen einer Metapher setzt im allgemeinen voraus, dass man bestimmte Ahnlichkeiten erschließen kann, die für die Metapherbildung relevant sind. Kövecses (2002: 72) stellt jedoch fest, dass selbst wenn Metaphern oft auf Ahnlichkeiten zwischen Objekten unterschiedlicher Bereichen beruhen, die Anwendung einer Metapher nicht unbedingt auf die bereits existierenden Ahnlichkeiten und deren Gleichsetzung basieren muss, sondern dass mit Hilfe einiger Metapher erst Ahnlichkeiten geschaffen werden. Bei der Anwendung der Metapher ‚kotirintamamies’ könnte man auch denken, dass der Autor erst durch die Anwendung des metaphorischen Ausdrucks die Zusammenhänge schafft.
Im Romanfokus steht die Metapher ‚kotirintamamies’ (‚Mann von der Heimatfront’). Es handelt sich um einen Frontkämpfer im übertragenen Sinne: Der Krieg, in dem er an vorderster Front gekämpft hat, ist der Befreiungskrieg der Frauen. Gleichgesetzt werden die eigentlichen Frontkämpfer und die „modernen“ Männer, die sich auch um den Haushalt kümmern. Dieser moderne Frontkämpfer tut alles, um seine Familie behalten zu können, nicht zu verlieren (‚LIEBE IST KRIEG’); dies ist wiederum damit zu vergleichen, dass die eigentlichen Frontkämpfer dafür gekämpft haben, die Unabhängigkeit des Vaterlandes behalten zu können. Auch handelt es sich um eine Schilderung der persönlichen Krisensituation der Hauptfigur des Romans: Er befindet sich im ‚Schützengraben’ – er muss sich gegen die Feinden (Gesellschaft, Behörden, böse Nachbarn) verteidigen, er befindet sich in der Verteidigungsstellung sowohl in seiner Ehe als auch bezüglich anderer Leute (‚LEBEN IS KRIEG’). Das Leben bzw. die Liebe wird mit einem Kriegsfeld mit Frontkämpfern, Schützengräben und anderen Elementen, die zu dieser Szene gehören, gleichgesetzt.
Kövecses stellt fest, dass die Voraussetzung für das Identifizieren einer Metapher und der dieser Metapher zugrunde liegenden Analogie ist, dass bestimmte Aspekte den Objekten der Quellen- und Zielbereiche gemeinsam sind und dass der Rezipient diese Analogie erschließen kann. In einer Kultur, in der Kriegserfahrungen sicherlich anders konnotiert werden und die Leistungen der Kriegsveteranen anders bzw. gar nicht geschätzt werden, eher geschwiegen und geschämt werden, funktionieren die Analogien, mit deren Hilfe die metaphorische Ebene im Roman geschaffen wird nicht auf gleiche Weise wie in einer Kultur, in der den Kriegsveteranen größte Anerkennung und Dankbarkeit zukommen. Es lässt sich fragen, ob solche Analogiebildung überhaupt bei einem Volk funktionieren kann / Kann aber Krieg und die damit verbundenen Gefühle von Stolz, Dankbarkeit und Anerkennung bei einem Volk, das seit über 60 Jahren die Last des Schuldgefühles trägt und unter kollektivem schlechtem Gewissen leidet und sich erst in den letzten Jahren öffentlich mit dem Thema beschäftigt hat. Es lässt sich fragen, ob die Gleichsetzungen, die Analogien, worauf die im Romanfokus stehenden Metaphern beruhen, dem zielkulturellen Rezipienten verständlich und nachvollziehbar sind. Die Konnotationen, die in beiden Kulturen mit dem Krieg und den dazu eng zusammengehörenden Begriffen verbunden sind, sind in der finnischen und deutschen Kultur dermaßen unterschiedlich, dass die Anwendung von Krieg als Quellenbereich für die Metapherbildung besonders für das Übersetzen von solchen Metaphern ein Problem darstellt. Es lässt sich fragen, ob der ZT-Empfänger den Begriff ‚Mann von der Heimatfront’ überhaupt als Metapher interpretiert. Anders als der Begriff ‚kotirintamamies’ in dem finnischen Original weist die Entsprechung bzw. weisen die Entsprechungen in der deutschen Übersetzung keinen deutlichen Metaphercharaktär auf. Der Übersetzer hat die Metapher durch verschiedene Varianten ins Deutsche übertragen, was es dem ZT-Leser schwieriger macht, den Ausdruck als Metapher zu interpretieren. Weiter fehlt dem ZT-Rezipienten der Zugang zu den Kernelementen des metaphorischen Konzeptes aufgrund unterschiedlicher kulturellen Hintergründe der AT- und ZT-Leser.
Wenn es also um Projizierungen zwischen relevanten Elementen handelt soll, ist es äußerst wichtig / die Grundvoraussetzung für das Entstehen einer metaphorischen Relation, dass es diese Elemente gibt. Nicht nur die Konzepte des Quellenbereichs sind anders in der AT-Kultur im Vergleich zu den Konzepten in der ZT-Kultur; auch die Konzepte des Zielbereichs weisen kulturelle Unterschiede auf. Die Geschlechterrollen in der finnischen und deutschen Kultur sind nicht unbedingt miteinander zu vergleichen; es zeigen sich Unterschiede u.a. an dem Anteil der berufstätigen Frauen vs. Hausfrauen in der Gesellschaft. Die Rolle des Mannes – so wie sie im Roman beschildert wird – die Beteiligung des Mannes an der Erledigung der Hausarbeiten in bedeutendem Maße ist nicht automatisch etwas, womit sich der deutsche Leser idenfizieren kann. Es handelt sich also um Unterschiede bei den relevanten Elemente sowohl im Quellenbereich als auch im Zielbereich. Beim Übersetzen wären diese kulturellen Unterschiede besonders zu berücksichtigen.
Zu dem Begriff ‚juoksuhaudantie’
Der Titel des finnischen Originals lautet „Juoksuhaudantie“. Wörtlich übersetzt ins Deutsche würde er etwa ‚Schützengrabenweg’ heißen. Es fällt einem gleich auf, dass der Titel in der deutschen Version ziemlich anders lautet – „Aus dem Leben eines unglücklichen Mannes“; also kann es festgestellt werden, dass es sich bei der Übersetzung um gewisse Uminterpretation handelt. Es handelt sich um eine semantisch nicht äquivalente Entsprechung.
Nord weist darauf hin, dass eine der typischen Grundfunktionen der Romantiteln / dass Titeln typischerweise eine referentielle (darstellende), eine expressive (einstellungsausdrückende) oder eine appellative oder interpretationssteuernde Funktion zu erfüllen haben. Zu den Problemen der Titelübersetzung stellt Nord (1998: 293) fest, dass es sich bei der referentiellen Funktion Probleme ergeben kann bei polysemen Lexemen im Titel oder wenn das bei den ausgangskulturellen Lesern präsupponierte Welt- oder Kulturwissen bei den zielkulturellen Lesern nicht vorausgesetzt werden kann. Hinsichtlich der expressiven Funktion können Übersetzungsprobleme da entstehen, wo implizite Bewertungen oder Gefühlsäußerungen auf das Wertesystem der betreffenden Kultur Bezug nehmen. Besonders anfällig für Übersetzungsprobleme vor allem bei literarischen Titeln sind die appellative Funktion und die interpretationssteuernde Funktion, die oft durch gewisse Mittel wie Reizwörter und Anspielungen, Zitate oder Metaphern und Symbole gekennzeichnet sind. Nord stellt fest, dass der Übersetzer den Ausgangstitel daraufhin analysieren muss, welche sprachlichen Elemente als Signale für welche intendierten Funktionen fungieren. Auch muss er prüfen, ob die vom Ausgangstitelsender für ausgangskulturelle Empfänger intendierten Funktionen auf zielkulturelle Empfänger übertragbar sind (Nord 1998: 292).
Für einen AT-Empfänger markiert der Titel referentiell das Setting der Geschichte als Kriegsroman – dass es sich um einen Krieg nur im übertragenen Sinne handelt, wird dem Rezipienten durch den weiteren Kontext und Kotext klar – ohne Kontext ist der Titel einem ausgangssprachlichen Empfänger ein Hinweis auf einen Roman, der sich mit Krieg beschäftigt. Dieser Hinweis fehlt vollkommen in der deutschen Version.
Unterschiede ergeben sich zwangsläufig dadurch, dass sich der ausgangssprachige Titel durch Ambiguität zeichnet – die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten ergeben sich durch den weiteren Romankontext, was aber nicht der Fall ist bei dem deutschen Titel. Das bedeutet, dass der deutsche Titel nur auf eine Weise „rezipiert“ werden kann; die Ambiguität des Titels geht verloren. Ein weiterer Unterschied, der auch von großer Bedeutung ist, ist dass in der deutschen Übersetzung der Hinweis auf die Kriegszene fehlt. Dies bewirkt weiter die Möglichkeit des ZT-Lesers, die zusammengehörenden Elementen der metaphorischen Szene, die im Roman mit Hilfe der kriegsspezifichen Ausdrücke geschaffen werden, wahrzunehmen und auf gewünschte / intendierte Weise zu interpretieren. Es wird im Roman ein Symbol- und Metaphernnetz verflochten (?)
Es ist nicht immer leicht zu sagen, wann ein Ausdruck als Metapher zu interpretieren ist – besonders in Fällen, in denen auch die wörtliche Bedeutung des Ausdrucks einen Sinn macht und zum weiteren Kontext passt. Das ist auch der Fall bei dem finnischen Titel: Auch die wörtliche Interpretation – die Interpretation des Titels als einen Straßennamen – ist möglich und ohnehin eine Möglichkeit, die zu den Romanhandlungen passt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass der Titel auch andere Interpretationsmöglichkeiten erlauben kann. Für die Interpretation der anderen, schon im vorangehenden Kapitel behandelten zentralen Metapher ‚kotirintamamies’ ist die metaphorische Interpretation des Titels wichtig. Der Titel fungiert als „Steuerungssignal“, indem da schon ein Hinweis auf den Quellenbereich der Metaphorik enthalten ist.
Betrachtet man den Titel als Metapher, kann man in Termen von Lakoff und Kövecses feststellen, dass es sich auch bei der metaphorischen Außerung ‚juoksuhaudantie’ um das Konzept ‚LEBEN IST KRIEG’ handelt, und zwar in dem Sinne, dass hier die schwierige Lebenssituation der Hauptfigur, seine Krisensituation, mit einer gewissen Situation im Krieg gleichgesetzt wird. Gemeinsam den beiden Situationen sind Elemente wie ‚sich verteidigen’, ‚sich vor dem Feind zu schützen’, ‚im Dunklen zu laufen, ohne dass man viel Licht sehen kann,. Der Frontkämpfer im Befreiungskrieg der Frauen befindet sich in einer bestimmten – für den Krieg typischen – Kampfstellung/-position – im Schützengraben.
Beim ersten Blick scheint der Titel in der deutschen Übersetzung gar keinen Zusammenhang mit dem Original aufzuweisen. Durch die Ambiguität des Originals ergibt sich aber auch einen Zusammenhang: Verzichtet man auf die Kriegszene – wie der Übersetzer das gemacht hat – kann man in dem Ausdruck auch andere Symbolik finden. Der Schützengraben kann auch als Symbol für eine desperate Situation gesehen werden; er symbolisiert eine Lebenskrise. Eine Person ist wie im Schützengraben, von dicken dunklen Wänden umgraben, kann nichts Anderes – kein Licht – sehen. Dem Titel „Aus dem Leben eines unglücklichen Mannes“ könnte diese Symbolfunktion / diese symbolische Bedeutung zugrunde liegen. Die Frage, ob / Ob allerdings der Mann unglücklich oder desperat war, ist allerdings auch interessant. Bei der deutschen Übersetzung wäre diese Interpretationsweise möglich.
Die Interpretation des Titels als Metapher befürwortet auch, dass diese Interpretationsweise zur Kohärenzbildung beiträgt. Kövecses stellt fest, dass bestimmte Metapher in erster Linie zur Textkohärenz beitragen; die Funktion solcher Metapher besteht vor allem darin, dass bestimmte Konzepte als zusammengehörend verstanden werden. Die Anwendung des kriegspezifischen Vokabulars zieht sich durch den ganzen Roman und dabei spielt ohne weiteres auch der Titel eine bedeutende Rolle. Wie schon erwähnt, hebt auch Nord (1998: 293) die interpretationssteuernde Funktion eines Titels hervor. In dem betreffenden Roman werden schon durch den Titel die Kontextbedingungen geschaffen, die zu der Interpretation von anderen zentralen Begriffen, u.a. der Metapher ‚kotirintamamies’, beitragen. Die metaphorische Ebene bildet den „roten Faden“ im Roman.
Auch das scenes-and-frames-Modell lässt sich auf die Romanbeispiele anwenden.
Kussmaul hat sich mit dem kreativen Übersetzen – Kreativitätsforschung und Modelle der Kognitionslinguistik und ihre Anwendung bei Übersetzungsproblemen und kreativem Übersetzungsprozess beschäftigt. In seinem Beitrag zu dem Thema stellt er verschiedene kognitive Modelle vor, die als Hilfsmittel bei der Lösungsfindung zu Übersetzungproblemen auch von großer Bedeutung sein können. / Er diskutiert Denkprozesse / verschiedene kognitive Modelle, die zu kreativen Lösungen bei Übersetzungsproblemen beitragen können bzw. kreative Übersetzungslösungen erklären können. Auf die von ihm vorgestellten Modelle können im Rahmen dieser Arbeit einzelnd nicht näher eingegangen werden; jedoch möchte ich im Folgenden einige Kerngedanken einiger zentralen Modelle erörtern und sie gleichzeitig auf die oben aufgeführten Beispiele anwenden.
Verschiedenen kognitiven Modellen ist die Idee von dynamischen Verstehensprozessen gemeinsam / viele Modelle beschäftigen sich mit typischen Denkstrukturen des menschlichen Gehirns (125), fokussiert werden u.a. die gedanklichen Verknüpfungen von Ereignissen und Erinnerungen, das Funktionieren der Assoziationen : Beim Verstehen greift unser Gehirn auf das im Gedächtnis gespeicherte Weltwissen und unsere Erfahrungen zurück (Kussmaul 2000: 129). Mit dieser Feststellung hängt auch der Begriff von Inferenz, der beim Übersetzen von besonderer Bedeutung ist / der beim Übersetzen von kulturbedingten Begriffen besonders zu berücksichtigen ist, eng zusammen. Mit Inferenz ist gemeint, dass wir beim Verstehen eines Textes nicht nur auf die sprachlichen Formen schauen, sondern auch unser Weltwissen mit einbeziehen (Kussmaul 2000: 122).
Die Anwendung vieler kognitiven Modelle auf das Übersetzen sieht Kussmaul darin, dass sich mit deren Hilfe der Zusammenhang zwischen einer ausgangssprachlichen und einer zielsprachlichen Textstelle erklären lässt bzw. der mentale Weg der Lösungsfindung beschreiben lässt (2000: 134). Besonders bei der Übersetzung von z.B. Zitaten, Wortspielen und Anspielungen erwähnt er die Anwendung von s.g. TOPs (‚thematic organisation points’), die Denkmuster darstellen, wodurch Ereignisse und Erlebnisse miteinander verbunden werden, die aus ganz unterschiedlichen Bereichen stammen können (133) und die eine Voraussetzung dafür sind, dass wir z.B. eine alte Geschichte in neuer Aufmachung erkennen. Damit zu vergleichen wäre auch die metaphorische Anwendung des Begriffs ‚rintamamies’ (‚Frontkämpfer’) in seiner modifizierten, abgewandelten Gebrauch in dem Romankontext. Das Modell kann man auch auf die Betrachtung von der Metapher ‚kotirintamamies’ anwenden. Bei der Anwendung des Begriffs als Metapher wird davon ausgegangen / die A. setzt voraus, dass im Gedächtnis eines Rezipienten bestimmtes Denkmuster von dem Frontkämpfer gespeichert ist. Wichtige Elemente dabei sind das Ziel und die Bedingungen: In beiden Fällen geht es um das gemeinsame Verfolgen eines wichtigen Ziels – zum einen des der Unabhängigkeit des Vaterlandes, zum anderen des der Unabhängigkeit der Frau (vgl. Kussmaul 2000: 134)
Ein wichtiger Bestandteil vieler kognitiven Modelle sind Analogien. Mit Hilfe der Analogien werden wir auf neue Aspekte einer bekannten Situation aufmerksam. Im Zusammenhang mit dem Übersetzen hebt Kussmaul die Frage hervor, ob Analogien des Ausgangstexts einfach in die Zielsprache zu übertragen sind. Er stellt fest, dass dies nicht immer möglich ist, da Analogien oft kulturbedingt sind. Die Aufgabe eines Übersetzers ist, zu überlegen, ob und wie die Analogie zu ersetzen ist. (Kussmaul 2000: 137-138)
Es ist schon ein Gemeinplatz, dass ein Übersetzer beim Lösen von Übersetzungsproblemen auf verschiedene Techniken zurückgreift, mit denen der Ausgangstext mehr oder weniger verändert wird (Kussmaul 2000: 126). Kussmaul diskutiert die verschiedenen, vor allem mentalen, Prozesse, die an der Problemlösung beteiligt sind. Hinsichtlich der Übersetzung des Romantitels könnte man auf den ersten Blick denken, dass der ZT-Titel nichts gemeinsam hat mit dem AT-Titel; dass die Übersetzung keinen Bezug zu dem Originaltitel hat. Kussmaul diskutiert kreative Übersetzungslösungen bei Übersetzungsproblemen oder bei Stellen des Ausgangstextes, die nicht mit gleichen Mitteln in den Zieltext zu übertragen sind. In Anlehnung an Lakoff spricht Kussmaul von Verkettungen, die darauf beruhen, dass wir in unserem Denken verschiedene Kategorien – zentrale Elemente verschiedener Bereiche – verknüpfen (Kussmaul 2000: 123). Auch kann man das scenes-and-frames-Modell anwenden und sagen, dass es sich bei kreativen Übersetzungslösungen darum geht, dass der Übersetzer eine Kategorie oder Szene des Ausgangstextes mit einer auf den ersten Blick anderen Kategorie oder Szene verknüpft hat, die ein gemeinsames oder mehrere gemeinsame Elemente aufweisen; der Übersetzer hat also auf eine kreative Weise von den Szenenelementen Gebrauch gemacht. Bei der Übersetzung des Romantitels, bei der Wiedergabe des Originaltitels ‚Juoksuhaudantie’ durch ‚Aus dem Leben eines unglücklichen Mannes’, wo man auf den ersten Blick sehr wenige gemeinsame Elemente erkennen kann, könnte man vermuten, dass der Übersetzer beim Analysieren des Titels und seine Bedeutung im größeren Romankontext nach relevanten Bedeutungsmerkmale gesucht hat, die auf eine leserfreundliche Weise ins Deutsche zu übertragen wären, ohne einen Hinweis auf die Kriegszene, die nicht unbedingt in der deutschen Kultur, für den deutschen Rezipienten funktionieren könnte, bei ihm die von dem Autor intendierten Assoziationen hervorrufen kann, die gewünschte Wirkung bei dem ZT-Leser durch gleiche Mitteln nicht zu evozieren ist – der Übersetzer hat also hier bewusst auf die Kriegszene verzichtet, die möglicherweise bei dem ZT-Leser die vom Autor gewünschten Analogie und Assoziationen aufgrund unterschiedlicher kulturellen Erfahrungshintergründe und in der Kultur (proto)typischen Einstellungen zu Kriegserinnerungen nicht hervorrufen kann. Man könnte annehmen, dass der Übersetzer die Ambiguität des Titels verstanden hat; es handelt sich gewissermaßen auch um Loyalität den ZT-Rezipienten – aber auch dem Autor – gegenüber, indem der Übersetzer auf gewisse Elemente verzichtet hat, die in der Zielkultur eventuell nicht funktionieren könnten und dem Leser das Verstehen des Titels eventuell schwieriger machen könnten. Wird die Lösung im Rahmen der Skopostheorie betrachtet, so könnte man feststellen, dass für den Übersetzer die Vermittlung der für den Zielkulturellen Leser verständlichen, in dem Titel enthaltenen konstitutiven Elemente der primäre Zweck gewesen ist. Bei der Übersetzung ins Deutsche können aufgrund der in diesem Bedeutungsfeld im Deutschen sehr unterschiedlich konnotierten Begriffe / nicht existierenden Konnotationen nicht die gewünschten Bedeutungsaspekte erhalten bleiben. Er hat dabei auf die Metaphorik verzichtet, und auch hat dies Einfluss auf das Enstehen bzw. Nicht-Entstehen eines metaphorischen Gesamtnetzes im Roman. Auch trägt diese Lösung zur Kohärenz bei – es kann in der Übersetzung nicht die gleiche metaphorische Szene entstehen wie in dem ausgangssprachlichen Text. Die Romanhandlungen spielen sich auf der Bühne, die schon durch den Titel „gebaut“ wird. Fehlt dieses Steuerungssignal, der Hinweis auf den Kontext, in dem die Metapher zu interpretieren sind / der die Interpretation der im übertragenen Sinne verwendeten Ausdrücke steuert / fehlen die Kontextbedingungen, die für das Verstehen der Metapher wichig sind, bewirkt es auch das Entstehen der Kohärenz im Text. Der Kontext – hier die Anwendung der kriegspezifischen Ausdrücke im übertragenen Sinne und der kreativen werk- und autorspezifischen Metaphern in einem neuen, vom Autor intendierten Zusammenhang, wodurch neue, vorher nicht existierende Analogien zwischen verschiedener Rollen der Männer in der (finnischen) Gesellschaft geschaffen werden, mit deren Hilfe Einstellungen vermittelt werden. Dies nachvollziehen zu können, bedarf dem Rezipienten jedoch dem Erkenntis der relevanten Assoziationswege, die es ermöglichen, die relevanten Einstellungen, Eigenschaften und Merkmale zwischen den Elementen des Quellen- und des Zielbereichs erschließen, verstehen zu können. Was durch Verzichten auf die kriegsbezogene Metaphorik verloren geht, Es lässt sich fragen, ob dies allerdings ein Nachteil ist, da es allein aufgrund unterschiedlicher kulturspezifischen Einstellungen zu Kriegserfahrungen und –erinnerungen dem ZT-Rezipienten schwierig sein mag, die Anwendung der kriegsbezogenen Metaphern zu nachvollziehen. Besonders die Assoziationen, die eine bedeutende Rolle bei dem Verstehen der betreffenden Metapher spielen, mögen dem ZT-Rezipienten unverständlich sein. In dem Sinne könnte festgestellt werden, dass die kreative Leistung bei der Übersetzung des Titels darin besteht, dass eben ein anderes Merkmal als im Ausgangstext in den Vordergrund gerückt wird (vgl. Kussmaul 2000: 103). Die Kreativität besteht also darin, dass der Übersetzer versucht hat, mit anderen Mitteln eine ähnliche Wirkung auch bei dem ZT-Rezipienten wecken zu können. Bestimmte Merkmale des Begriffs sind in den Vordergrund gerückt worden; unter Einbeziehung des größeren Kontextes, der Handlung des Romans, lässt sich die Wahl dieser Merkmale begründen: Es handelt sich im Roman um eine unglückliche, desperate Situation, um eine Lebenskrise der Hauptfigur. Ein besonderer Reiz für den ZT-Leser besteht auch darin, dass der deutsche Titel eine interkulturelle Anspielung enthält / Als einem weiteren Element der kreativen Lösung könnte die interkulturelle Anspielung betrachtet werden, die in dem zielsprachlichen Titel enthalten ist: der Titel mag bei vielen ZT-Rezipienten Assoziationen zu dem bekannten Romantitel „Aus dem Leben eines Taugenichts“ von Eichendorff wecken.
Eine wichtige Funktion des ausgangssprachlichen Titels besteht darin, dass er als „Steuerungssignal“ funktioniert. Durch diese interpretationssteuernde Funktion wird für den Leser die Szene geschaffen, worauf die Anwendung der metaphorischen Ausdrücke beruht. Der Kontext spielt eine wichtige Rolle für das Verstehen eines Wortes bzw. Ausdruckes – besonders wichtig ist der Kontext für die Aktivierung der jeweils gewünschten Bedeutung bei Ausdrücken, die durch Ambiguität gekennzeichnet sind, oder bei der Anwendung von Wörtern im übertragenen Sinne; wir sind für unser Verstehen in erster Linie auf den das betreffende Wort umgebenden Kontext angewiesen (Kussmaul 2000: 117). Durch den AT-Titel werden die Kontextbedingungen für die weitere Interpretation der metaphorischen Ausdrücke geschaffen. In den Kernbereich unserer Aufmerksamkeit wird die Kriegszene gerückt / werden bestimmte Elemente der Kriegszene gerückt: Es handelt sich im Roman um einen Krieg im übertragenen Sinne. Gekämpft wird im Befreiungskrieg der Frauen – wofür gekämpft wird – für die Unabhängigkeit der (finnischen) Frau und weiter noch für das Familienglück, die Haupfigur kämpft für das Zurückbekommen seiner Familie (das metaphorische Konzept ‚LIEBE IST KRIEG’). Gleichgesetzt wird dieser Krieg mit dem Krieg für die Unabhängigkeit Finnlands, in dem die Frontkämpfer auch alles getan haben, um das Wertvollste im Leben behalten zu können. Eine wichtige Analogie, die es ermöglicht, die Denk- und Handlungsweisen der Hauptfigur zu verstehen, besteht darin, dass die Eigenschaften der beiden Frontkämpfern, die Ziele der beiden Kriege und die Einstellungen und die Wertvorstellungen des Volks zu den Frontkämpfern gleichgesetzt werden.
Beim Erörtern der Funktionen von Metaphern und Symbolen in literarischen Texten führt Elovaara als Beispiel das bekannte Schauspiel von Ibsen, „Das Puppenhaus“, ein und stellt dazu fest, dass es sich bei dem Titel um eine Metapher handelt, die auf Analogie beruht. Allerdings kommt dem Titel auch eine symbolische Bedeutung zu, da ein Teil des Titels, ‚die Puppe’, auch als Symbol betrachtet werden kann. Die Unterscheidung zwischen einer Metapher und einem Symbol ist nicht immer leicht und eindeutig.
Zu Unterscheidung von Symbolen und Metaphern stellt Elovaara fest ( : 140, 154), dass es bei einem Symbol um Bedeutungserweiterung geht: Dem Objekt kommt durch einen bestimmten Kontext zusätzliche Bedeutungen zu. Ein relevanter Unterschied zu Metaphern besteht darin, dass bei einem Symbol auch die denotative Bedeutung aktiviert, anders als das der Fall ist bei einer Metapher. Bei dem Romantitel („Juoksuhaudantie“) kann man auch denken, dass der Titel symbolische Bedeutung aufweist; er symbolisiert die Lebenssituation und gewissermaßen die Seelenlandschaft der Hauptfigur. Es lässt sich feststellen, dass der Übersetzer möglicherweise bei seiner Übersetzungslösung („Aus dem Leben eines unglücklichen Mannes“) von dieser Symbolfunktion ausgegangen ist.
Zu dem Begriff ‚rintamamiestalo’
Ein dritter Begriff, der in dieser Arbeit näher betrachtet wird, ist das Wort ‚rintamamiestalo’, ins Deutsche ist das Wort durch ‚Frontkämpferhaus’ übersetzt worden. Im Finnischen ist das Wort lexikalisiert; es handelt sich um einen bestimmten Haustyp, der typisch für Bauweise in Finnland in den Nachkriegsjahren war. Das deutsche Wort ‚Frontkämpferhaus’ – eine wortwörtliche Entspechung des finnischen Worts – mag dagegen ein neues, von dem Übersetzer zusammengestelltes Wort sein, das für diesen bestimmten Kontext übersetzt worden ist. Es handelt sich bei diesem Wort um eine Realie. Mit Realien sind bestimmte landeskonventionelle Elemente gemeint, die fest im Alltag der Menschen, der Angehörigen einer bestimmten Kulturgemeinschaft verankert sind. Die Bezeichnung bezieht sich auf Elemente / Damit sind Elemente des Alltags, der Geschichte, der Kultur eines bestimmten Volkes oder Landes gemeint, die keine Entsprechung bei anderen Völkern, in anderen Ländern haben – die Realien sind Identitätsträger einer nationalen Kultur (Markstein 1998: 288). Mit der denotativen Bedeutung einer Realie hängen oft Konnotationen zusammen. Durch die Anwendung einer Realie werden auch Konnotationen vermittelt; die jeweilige Konnotation wird erst durch den Kontext aktualisiert. Markstein stellt ein Beispiel aus der russischen Kultur vor: Ein Samowar ist mehr als eine Teemaschine; das Wort steht darüber hinaus für Gemütlichkeit und für die gute alte Zeit. (ebd: 289-290) Zur Übersetzung von Realien stellt Markstein fest, dass die Realien oft an sich beim Übersetzen Schwierigkeiten bereiten, um so mehr aber noch deren Konnotationen. Die Wertigkeit einer Realie bezüglich ihrer Übersetzungslösungen / Die Entscheidung eines Übersetzers darüber, wie eine Realie in die Zielsprache am besten zu übertragen ist, hängt von der kontextuellen Wertigkeit der Realie im ausgangssprachlichen Text ab, welche Bedeutung der Realie im AT zukommt – ob es z.B. als einem exotischen Detail im ZT betrachtet werden / bleiben kann, das zum Entstehen vom Lokalkolorit beiträgt oder ob der Anwendung des Begriffs im AT eine wichtigere Funktion zukommt, die auch im ZT zu bewahren ist. (vgl. Markstein 1998: 289-290)
Zur denotativen vs. symbolischen Bedeutung des Begriffs
‚rintamamiestalo’
Wie oben schon erwähnt, handelt es sich bei dem Wort ‚rintamamiestalo’ um eine Realie. Die denotative Bedeutung eines Holzhauses, das in den Nachkriegsjahren nach einer bestimmten Bauweise gebaut worden ist, ist den Angehörigen der finnischen Kulturgemeinschaft – zumindest den Generationen, die spätestens in den 80er Jahren geboren sind – bekannt. Selbst wenn die Bedeutung nicht von vornherein dem Leser des Romans bekannt gewesen wäre, wird sie durch die Erklärungen klar, die der Autor selbst gemacht hat: der Autor erläutert an mehreren Stellen die Hintergründe des Begriffs. Das erste Mal taucht der Begriff schon am Anfang des Romans auf, und zwar an einer Stelle, an der auch ein anderer zentraler Begriff, der von ‚kotirintamamies’ eingeführt wird. In diesem Zusammenhang gibt der Autor noch keine zusätzlichen Erklärungen zu dem Begriff; an dieser Stelle wird erst die Anwendung des Begriffs ‚kotirintamamies’ motiviert. Dieses Beispiel wurde unter Kap. ?? behandelt. Die folgenden Beispiele zeigen, wie die zusätzlichen Erklärungen das Verstehen der denotativen Bedeutung des Begriffs erleichtern.
Bsp.
Fi. () Näin asutettiin siirtolaiset ja rintamamiehet, myös Taisto Oksanen.
Hänelle oli sodan jälkeen annettu uusi mahdollisuus, tontti ja tyyppitalon valmiit piirustukset. () Puolitoista kerrosta. Tulisija keskellä, vieressä keittiö, makuuhuone ja olohuone, ylhäällä kaksi pientä makuuhuonetta lapsille. Näitä taloja nousi Suomeen sodan jälkeen noin 75 000 kappaletta. (S. 173-174)
Dt. () So wurden die Aussiedler und die Frontkämpfer angesiedelt, auch
Taisto Oksanen. Ihm hatte man nach dem Krieg eine neue Chance gegeben, ein Grundstück und den Bauplan für ein Typenhaus. () Anderthalb Etagen. Feuerstelle in der Mitte, daneben die Küche, Schlafzimmer und Wohnzimmer, oben zwei kleine Schlafzimmer für die Kinder. Von diesen Häusern sind nach dem Krieg in Finnland über fünfundsiebzigtausend Stück entstanden. (S. 176-177)
Im Beispiel 2, in dem schon die Zusammenhänge zwischen den eigentlichen Frontkämpfern und den modernen Frontkämpfern illustriert worden sind, ist auch ein erklärender Hinweis auf das Entstehen der Benennnung ‚rintamamiestalo’ enthalten:
Fi. Se ensimmäinen rintamamiessukupolvi, joka oli talonsa itse rakentanut
ja niille nimensä antanut, söi tällä hetkellä palvelutalossa hedelmäkiisseliä. (S. 21-22)
Dt. Die erste Frontkämpfergeneration, die ihre Häuser selbst gebaut und
ihnen den Namen gegeben hatte, saß mittlerweile im Altersheim und aß rote Grütze. (S. 22)
Bsp.
Fi. () he tulivat rintamalta, säkkipimeydestä täyteen valoon. He kävelivät
hermot kireinä kuin jouset jotka Sibelius kirjoitti soimaan kovaa ja korkealta. Malttamattomina ja ahneina he tulivat ja syöksyivät jalkojen väliin ja patojen äärelle: lihaa tänne ja heti. Heille piirrettiin talot riviin kaupunkien laitamille ja peltojen keskelle, kivien viereen. Ne olivat kaikki samanlaisia taloja. Keittiö, olohuone ja makuuhuone alhaalla, ylhäällä harjakaton alla kaksi pientä makuuhuonetta niille, jotka sikisivät pyhästä puutteesta. Puolitoista kerrosta ja ja harjakatto niille, joille taivas oli ollut tulimeri. () Nyt te asutte heidän rakentamissaan rintamamiestaloissa, vaikka olette valosta kotoisin. Te ette tiedä, että pimeys siittää edelleen niitä, jotka haluavat lämpimän lieden ja lihaa. Olen yksi niistä. (S. 221-222)
Dt. Sie kamen von der Front, aus dem Stockfinsteren ins volle Licht. Sie
kehrten heim, und ihre Nerven waren gespannt wie Geigenbögen, für die Sibelius laute und hohe Töne komponierte. Ungeduldig und gierig kamen sie und stürzten sich zwischen Beine und auf Töpfe: Fleisch her, und zwar sofort. Man zeichnete reihenweise Häuser für sie, am Rande der Städte und mitten auf Feldern, neben den Steinen. Sie waren allesamt gleich, diese Häuser. Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer unten, oben unter dem Dach zwei kleine Zimmer für diejenigen, die aus der heiligen Entbehrung hervorgingen. Anderthalb Stockwerke und Satteldach für die, denen der Himmel ein Feuermeer gewesen war. () Jetzt wohnt ihr in einem Frontkämpferhaus, das diese Männer gebaut haben, obwohl ihr aus dem Licht kommt. Ihr wißt nicht, daß die Dunkelheit weiterhin Menschen hervorbringt, die einen warmen Herd und Fleisch wollen. Ich bin einer von ihnen. (S. 225-226)
Das obige Beispiel illustriert gleichzeitig im allgemeinen den genialen Sprachgebrauch des Autors / der obige Abschitt ist gleichzeitig ein illustrierendes Beispiel von dem bildhaften Sprachgebrauch des Autors; typisch für seinen Sprachgebrauch ist spielerischer, kreativer Umgang mit der Sprache: Er spielt mit Wörtern und Bedeutungen, wandelt kreativ sprachliche Wendungen ab (Fi. ‚sikisi pyhästä puutteesta’ kann als abgewandelte Bibelsprache betrachtet werden, ist eine Anspielung auf die Bibelsprache), mit Metonymie (‚Fleisch’ steht für eine Frau) – sein Sprachgebrauch ist durch Bildhaftigkeit charakterisiert (?)/ enthält sehr viele bildhafte Ausdrücke. Anhand dieses Beispiels kann auch festgestellt werden, dass die Bildhaftigkeit und die Metonymie auch in der deutschen Übersetzung enthalten sind. Der obige Abschitt ist gleichzeit ein Stück finnischer Geschichte / eine kurze Einführung in die und ein Blick auf die Seelenlandschaft der finnischen Männer, die den Krieg erlebt haben. Im letzten Satz des obigen Beispiels ist wieder ein Hinweis darauf enthalten, dass die Frontkämpfer beider Kriege miteinander gleichgesetzt werden. Weitere Beispiele, in denen der Zusammenhang zwischen Frontkämpfern und Frontkämpferhäusern illustriert wird,
Bsp.
Fi. Se on rintamamiestalon hinta kotirintamamiehelle. – Mille?
- Kotirintamamiehelle. Minä olen kotirintamamies. Sinulle annettiin sodan jälkeen tontti ja tyyppipiirustukset tästä talosta. Minä olen lukenut historiaa. Minulle ei ole annettu mitään mahdollisuutta asua pienessä talossa kaupungin laidalla, vaikka olen antanut parhaan aikuisuuteni kodille ja naiselle. (S. 308)
Dt. Das ist der Preis für ein Frontkämpferhaus, wenn es ein Mann von der
Heimatfront kauft. – Ein was? – Ein Mann von der Heimatfront. Ich bin ein Heimatfrontkämpfer. Dir hat man nach dem Krieg ein Grundstück und den Typenbauplan für dieses Haus gegeben. Ich habe Geschichte studiert. Mir hat niemand die Chance gegeben, in einem kleinen Haus am Stadtrand zu wohnen, obwohl ich meine besten Jahre für mein Zuhause und meine Frau hingegeben habe. (S. 307)
Fi. Se hinta on kotirintamamiehen hinta () En jaksaisi huutaa, ei hän ole
viholliseni, vaan aseveljeni. (S. 315)
Dt. Dieser Preis ist der Preis eines Heimatfrontkämpfers, () Ich möchte
eigentlich nicht schreien, schließlich ist er nicht mein Feind, sondern mein Waffenbruder. (S. 312)
Hier wundert es / fällt auch auf die Verwendung des Genitivs („der Preis eines Heimatfrontkämpfers“), zumal im AT mit der Verwendung des Genitivs im Finnischen der Preis für einen Heimatfrontkämpfer gemeint ist; es handelt sich also auf keinen Fall darum, dass ein Heimatfrontkämpfer Wert einer Geldsumme wäre.
Eine Funktion des Begriffs ‚rintamamiestalo’ ist, dass er ein Bestandteil der Gesamtszene ist. Die denotative Bedeutung ist auch von Bedeutung, da es sich im Roman darum geht, dass die Hauptfigur für seine Familie ein Haus kaufen will – und nicht nur ein beliebiges Haus, sondern ein Frontkämpferhaus. Allerdings ist es kein Zufall, dass das im Mittelpunkt stehende Haus gerade ein Frontkämpferhaus ist. Die denotative Bedeutung ist natürlich die Basis, worauf die zusätzlichen Bedeutungen beruhen. Es mag kein Zufall sein, dass es sich im Roman darum handelt, dass ein ‚Heimatfrontkämpfer’ von einem eigentlichen Frontkämpfer ein Frontkämpferhaus kaufen will, das sich auch noch in der Schützengrabenweg befindet. Das sind die Bausteine des Netzes der kriegbezogenen Ausdrücke auf der sprachlichen Ebene; nur handelt es sich nicht nur um ein lustiges Wortspiel (in gewissermaßen ist es auch ein interessantes Spiel mit Wörtern, neuen Zusammensetzungen), wie es auf den ersten Blick der Eindruck sein mag, sondern der sprachlichen Ebene liegt eine metaphorische Ebene, ein in sich eingewobenes Metaphern- und Symbolnetz, zugrunde, die den Schlüssel für das Verstehen der zentralen Themen im Roman darstellt; es handelt sich um ein schönes Zusammenspiel zwischen den sprachlichen und übertragenen Ebenen. Ein besonderer Reiz des Romans liegt darin, dass der Leser durch das Verstehen der metaphorischen Ebene und der darin enthaltenen Hinweise und Konnotationen die Botschaft des Romans erschließen kann.
Ein ‚Frontkämpferhaus’ ist natürlich der Wohnsitz eines Front- bzw. Heimatfrontkämpfers, aber dem Begriff kommt auch eine zusätzliche Symbolfunktion zu, die im Romankontext von besonderer Bedeutung ist. Es ist nicht immer leicht, den Unteschied zwischen einer Metapher und einem Symbol festzustellen. Eine wichtige Funktion der beiden Phänomene ist oft, die Konnotationen bzw. Eigenschaften, die der Ausdruck symbolisiert, zu vermitteln. Aus dieser Hinsicht ist eine strikte Unterscheidung zwischen einer Metapher und einem Symbol daher auch nicht immer wichtig. Aus übersetzungsrelevanter Hinsicht ist eben die Funktion einer ausgangssprachlichen Metapher/eines Symbols in dem jeweiligen Kontext von größerer Bedeutung; wichtig ist, wofür die Begriffe im Text stehen und was mit deren Hilfe dem Rezipienten zu vermitteln versucht wird.
Elovaara weist darauf hin, dass Symbole kontextabhängig sind und hebt die Wichtigkeit des Kontextes hervor (Elovaara : 122-124). Viele Symbole sind auch kulturspezifisch: Wichtig für das Interpretieren eines Objektes als Symbol sind natürlich auch die Fähigkeit und die Kompetenz eines Rezipienten, die Zusammenhänge zwischen dem als Symbol zu bezeichnenden Objekt und den Eigenschaften, die es symbolisiert, zu erkennen. Dieses Erkennen setzt oft kulturspezifisches Hintergrundwissen voraus. Fehlt dem Rezipienten das für die Interpretation als Symbol nötige Wissen, wird nur die denotative Bedeutung aktiviert; die Konnotationen, d.h. die Symbolbedeutung bleibt unverständlich.
Der Begriff ‚rintamamiestalo’ funktioniert im Romankontext als Symbol. Die denotative Bedeutung des Wortes ist auch von Bedeutung, allerdings spielen die Konnotationen, die zusätzlichen symbolischen Bedeutungen bei der Funktion eine wichtige Rolle. Der Autor weist selber auf die Aspekte hin, die für die Interpretation als Symbol relevant sind, wie es die folgenden Beispiele zeigen.
Bsp.
Fi. Kapea versio rintamamiestalosta seisoi vaatimattomana messualueen
viimeisessä nurkassa. Kaiken krumeluurin ja yliyrittämisen jälkeen se näytti harmaalta, melkein huomaamattomalta puutalolta. Se ei houkutellut eikä keimaillut. () Kapea kaksikerroksinen puutalo, rakennettavissa pienelle tontille. Näyttää vielä paremmalta, jos niitä on peräkkäin neljäkymmentä. Tajusin, että juuri niin sodan jälkeen tehtiin, annettiin siirtolaisille ja rintamamiehille tontit ja mahdollisuus rakentaa tonteille talot, kaikille samanlaiset. Niitä kutsuttiin tyyppitaloiksi.
Minä olen tyyppi. Tyyppiesimerkki. Tyypillinen
Olen Lappeenrannan asuntomessuilla. Katon meille taloa. Löysin vain yhden. Mutta hyvän. Se on yksinkertainen, vähän niin kuin minä. (S. 121)
Dt. Diese kleine Version eines Frontkämpferhauses stand tatsächlich
bescheiden in der letzten Ecke des Messegeländes. Nach all dem Zierat und allzu bemühtem Zeug wirkte es wie ein graues, unauffälliges Holzhaus. Es lockte nicht und kokettierte nicht. () Ein schmales Holzhaus mit zwei Stockwerken für kleine Grundstücke. Sieht noch besser aus, wenn vierzig Stück hintereinanderstehen. Ich begriff, daß man es genau so nach dem Krieg gemacht hatte. Man gab den Aussiedlern und Frontkämpfern Grundstücke, auf die sie Häuser stellen konnten, alle gleich. Die nannte man Typenhäuser.
Ich bin ein Typ. Ich bin das Musterbeispiel eines Typs. Typisch
Ich bin auf der Haus-und-Garten-Messe in Lappeenranta. Seh mich nach einem Haus für uns um. Hab nur eins gefunden. Ist aber gut. Ganz einfach, ein bißchen so wie wir. (S. 123)
In diesem Beispiel zeigt sich, dass mit Hilfe des Frontkämpferhauses, das klein und unauffällig ist, Finnen charakterisiert werden – den Finnen werden Eigenschaften des Hauses zugeordnet, in diesem Fall ganz besonders noch dem bestimmten Männertyp, der im Roman thematisiert wird. Bescheiden, unauffällig, grau, typisch und einfach – das sind Eigenschaften, die sowohl das Frontkämpferhaus als auch den Heimatfrontkämpfer charakterisieren. Das Haus als Symbol steht für diese Eigenschaften.
Bsp.
Fi. Vanha keltainen rintamamiestalo, tavallisen puurakentamisen korkein
saavutus. (S. 170)
Dt. Ein altes, gelbes Frontkämpferhaus, die höchste Errungenschaft auf dem
Feld der klassischen Holzbauweise. (S. 173)
Im obigen Beispiel wird die Bescheidenheit des Hauses hervorgehoben. Ob allerdings die deutsche Entsprechung für das Adjektiv ‚tavallinen’ den gleichen Ton vermittelt, die gleiche Idee davon, dass es sich um ein einfaches Haus handelt, das ganz gewöhnlich ist, nichts Außergewöhnliches, nichts zuviel hat, bleibt zu fragen.
Eine wichtige Symbolfunktion besteht also darin, dass die Eigenschaften des Hauses auf den finnischen Mann projiziert werden; das Frontkämpferhaus symbolisert den finnischen Mann und seine Eigenschaften. Eine weitere, aus dem Gesamtkontext des Romans entstehende symbolische Funktion liegt darin, dass in diesem bestimmten Haustyp die ganze metaphorische Ebene „kulminiert“ (?). Es symbolisiert den Krieg der Haupfigur, stellt das Ziel dar und ist gleichzeitig eine Erklärung für seine Handlungen. Diese Symbolbedeutung schließt / fasst vieles zusammen; am deutlichsten zeigt es sich im folgenden Beispiel:
Bsp.
Fi. Tässä on kyse modernista sukupolvenvaihdoksesta. Ja perherauhan
teosta. Syvimmillään on kyse jälleenrakentamisesta. (S. 314)
Dt. Hier handelt es sich um einen modernen Generationswechsel. Und
um die Herstellung des Familienfriedens. In der Substanz handelt es sich um Wiederaufbau. (S. 311)
Das Haus symbolisiert also im großen und ganzen den Wiederaufbau der Ehe bzw. des Familienglücks der Hauptfigur. Dem Wiederaufbau liegt die Analogie vom Wiederaufbau Finnlands nach dem Krieg zugrunde; in diesem Bauprozess spielten ja die Frontkämpferhäuser eine bedeutende Rolle.
Dass es sich um eine zusammenhängende metaphorische Szene handelt, zeigt sich auch in folgenden Beispielen:
Modelle der kognitiven Linguistik
7.1 Zur Anwendung der Modelle auf das Übersetzen
Unter Kapitel 6.1 wurde schon kurz darauf hingewiesen, dass die Modelle und Begriffe der kognitiven Linguistik zur Betrachtung von Metaphern und deren Verstehen gut dienen. Auch eignen sich die kognitiven Modelle zur Betrachtung der Metaphernübersetzung – sowie Übersetzung aller bildhaften Ausdrücke. Auch der Betrachtung der (kreativen) Lösungen des Übersetzers kann die kognitive Linguistik Erklärungsmodelle liefern; mit Hilfe der Modelle kann analysiert werden, wie Analogien gebildet werden und worauf sie beruhen oder wie Assoziationen abzuleiten sind. Im Rahmen dieser Arbeit ist es leider nicht möglich, auf die einzelnen Modelle näher einzugehen; im Allgemeinen sei jedoch erwähnt, dass sich die meisten Modelle mit gedanklichen Verknüpfungen von Ereignissen und typischen Denkstrukturen des menschlichen Gehirns beschäftigen (vgl. Kussmaul 2000: 125). Begriffe, die in vielen Modellen an zentraler Stelle stehen, sind u.a. das Denken in Analogien, die Verkettungen, prototypisch bzw. erfahrungsbedingtes Auffassen von Wörtern und Begriffen.
Zur Beschreibung und Analyse der in dieser Arbeit zu behandelnden zentralen metaphorischen Konzepte und Ausdrücke wird vorwiegend kognitivischen Ansätzen gefolgt. Erst seit der 'pragmatischen Wende' in der Linguistik in den 80er Jahren haben sich neue Sichtweisen. durchgesetzt: im Rahmen der Übersetzungswissenschaft sind Auffassungen von der Übersummativität des Textes; (ein Text ist mehr als bloße Addition seiner Teile) , die Bedeutung der soziokulturellen Faktoren bei der Übersetzung die Bedeutung eines Wortes ergibt sich nicht aus der Addition von Merkmalen, sondern baut sich aus den Erfahrungen des Sprachbenutzers auf die kulturelle Bedingtheit eines Textes - die außersprachliche Realität wird stärker miteinbezogen (?Vannerem/Snell-Hornby : 188-189; Holzer :164). In den letzten Jahren haben sich viele Beiträge der kognitiven Linguistik zur Methoden der übersetzungsrelevanten Textanalyse beigetragen (Holzer : 159) Der kognitivistische Ansatz, der sich erst in den letzten Jahren entwickelt hat und auch beim Übersetzen Anwendung gefunden hat unterscheidet sich von den traditionellen linguistischen Ansätzen vor allem darin, dass er die mentalen Konzipierungsprozesse aller im Prozess beteiligten (Leser des AT, Übersetzer, Leser des ZT) miteinbezieht und die kreative Rolle des Übersetzers betont (Holzer : 160)
Einer solcher relativ neuen kognitivistischen Ansätze ist das scenes-and-frames -Konzept, das in seinen Grundzügen auf der Prototypensemantik und deren Weiterentwicklung, der scenes-and-frames-Semantik von Fillmore, basiert. Für das Übersetzen ist das Konzept von Vannerem/Snell-Hornby weiterentwickelt worden. Die Grundidee des scenes-and-frames-Modelles / Das Modell hat den Schwerpunkt liegt im Verstehensprozess und den Wissenskomponenten, die beim Gebrauch von Lexemen aktiviert werden (Holzer : 164)
7.2 Die Bedeutung des scenes-and-frames-Modelles für das Übersetzen
Erst in den letzten Jahrzehnten haben sich kognitive Modelle in der Linguistik durchgesetzt. In der Übersetzungswissenschaft finden sie auch erst seit den letzten Jahren Anwendung. Ein interessantes Modell, das sich m.E. sehr gut auch zur Betrachtung von Metaphern und deren Übersetzung eignet / bietet, ist das scenes-and-frames-Modell, das auf die scenes-and-frames-Semantik von Fillmore beruht, von Vannerem/Snell-Hornby weiterentwickelt worden ist. Grundlegend in diesem Modell – wie in der kognitiven Linguistik im allgemeinen – ist der Einfluss von außersprachlichen Faktoren auf die Bedeutung: Analog zum Spracherwerb eines Kindes wird Bedeutung im Gesamtzusammenhang einer Situation erfahren. Mit scenes sind solche Erfahrungen bzw. „erlebte Situationen“ gemeint, frames stellen die linguistische Kodierung dar. (Vannerem/Snell-Hornby : 185) In dieser Arbeit werden die englischen Begriffe scenes und frames verwendet anstatt die deutschen Entspechungen Szenen und Rahmen, wenn auf das Modell und seine Anwendung auf das Übersetzen hingewiesen wird.
Die Anwendung des scenes-and-frames-Modells auf die Übersetzung sieht den Übersetzer als kreativen Empfänger: Er empfängt und dekodiert die vom Text-frame gelieferte Information mit Hilfe seines eigenen Weltwissens und Erfahrungshintergrundes und baut die von dieser Information bestimmte Szene auf. Der Übersetzer muss entscheiden können, welcher neue frame am geeignetsten ist, die Szene hinter dem Text für den speziellen Empfänger, an den die Übersetzung gerichtet ist, auszudrücken (Vannerem/Snell-Hornby : 192). Vannerem und Snell-Hornby ( :190-191) stellen fest, dass als mögliches Problem hinzukommen kann, dass der Übersetzer als Nicht-Muttersprachler nicht die scenes aktiviert, wie es der Muttersprachler tun würde oder wie es der Autor beabsichtigt hat, da die von einem frame aktivierten scenes eng mit der Soziokultur des betreffenden Sprachbenutzers verbunden sind und die dem Übersetzer möglicherweise weniger vertraut sind.
Auch Witte hat sich mit dem Thema Kulturkompetenz der Übersetzers und Kulturspezifika beim Übersetzen auseinandergesetzt. Aufbauend auf das scenes-and-frames-Modell von Vannerem/Snell-Hornby spricht sie auch von frames und scenes und hebt die kulturelle Bedingtheit hervor: Scenes und frames sowie ihr Verhältnis zueinander sind kulturspezifisch und darin erfahrungs-, erwartungs- und situationsabhängig; in jede Rezeption/Interpretation eines frame fließen äußere Situationsbedingungen, Erfahrungen und Erwartungen des Rezipienten ein (Witte 2000: 111) <Sie unterscheidet zwischen Darstellungs-frames und Funktions-frames je nachdem, ob etwas dargestellt oder dessen Bedeutung vermittelt wird (Witte 2000: 111). Scenes untergliedert sie wiederum in Vorstellungs- und Bewertungs-scenes und stellt fest, dass bei der Erstellung einer Übersetzung jeweils zu entscheiden ist, ob (skoposbedingt) vorrangig die Evozierung einer bestimmten Vorstellungs- oder Bewertungsscene beim Zielrezipienten angestrebt werden soll, und mit welchen Mitteln (frames) dies erreicht werden kann. Auch behauptet / kritisiert sie, dass traditionelle Übersetzungsverfahren in ihrem Bestreben um 'Autortreue' zur Vernachlässigung der Bewertungsscene-Komponenten neigen. Durch die eng an der Ausgangstextoberfläche angelehnte Übersetzung wird beim (nicht mit der Ausgangskultur vertrauten) Zielleser eine Vorstellung evozier, deren Bedeutung für ihn aber nicht zu erschließen ist: Er kann keine sinnvolle Bewertungsscene bilden bzw. wird 'fehlgeleitet' aufgrund Interpretationsmuster seiner eigenen Kultur / seiner soziokulturell unterschiedlichen Erfahrungshintergrundes und der darauf beruhenden Interpretationsmuster (Witte 2000: 113)
Schlußfolgerungen
Diese Arbeit stellt einen Versuch dar, die im Romanfokus stehenende kulturspezifischen Metapher zu analysieren. Einen besonderen Stellenwert nimmt die Funktion der Anwendung dieser metaphorischen Ausdrücke. In dieser Arbeit bin ich davon ausgegange, dass Metapher in erster Linie kognitive Erscheinungen sind, deren Verstehensprozesse mentale / kognitive Prozesse zugrunde liegen, die durch den persönlichen Erfahrungshintergrund und den kulturellen Hintergrund eines jeweiligen Rezipienten geprägt sind.
Die Funktion der Metapher besteht darin, dass mit deren Hilfe die Zusammenhänge zwischen Elementen des Quellenbereichs und Zielbereichs geschaffen werden. Es handelt sich um neue, kreative, autor- und werkspezifische Metaphern, deren Funktion vorwiegend darin liegt, dass die Denkweise und Beweggründe für die Handlungen der Hauptfigur im Roman erklärt werden – indem die Hauptfigur, ein moderner finnischer Mann, der sich um den Haushalt und Kinder kümmert, bereit ist, alles für seine Familie zu tun. Es spielt sich in einer Gesellschaft, in der lange die Gleichberechtigung der Frau ein heikles Thema gewesen ist, in der gerade in den letzten Jahren die Männer selber auf das Thema gegriffen haben, die Rolle des Mannes diskutiert haben (wie es dem finnischen Mann geht, ob er sich mit der veränderten Rolle verloren fühlt). Dem metaphorischen Begriff ‚kotirintamamies’ liegt zugrunde die konzeptuelle Metapher LIEBE IST KRIEG, die von dem Autor auf kreative Weise abgewandelt und weiterentwickelt worden ist. / Dies geschieht dadurch, dass zwei Kriege gleichgesetzt werden – der Krieg für die Unabhängigkeit Finnlands, wofür die Frontkämpfer für seine Leistungen im Krieg die Anerkennung verdienen und der Krieg des finnischen Mannes in der Gesellschaft dieses Jahrtausends, der Krieg für die Unabhängigkeit der Frau, ihre Gleichberechtigung und Befreiung von den Haushaltsarbeiten, wofür auch er anerkannt werden soll. Eine wichtige Funktion besteht also darin, diese Analogie zu aktivieren. Dies bedarf jedoch dem Erkenntnis der relevanten Elemente – und vor allem spielen die Konnotationen eine entscheidende Rolle – sowohl des Quellen- als auch des Zielbereichs. Die Konnotationen sind kulturabhängig: In diesem Fall dürfte es dem deutschen Rezipienten unverständlich vorkommen, dass mit Frontkämpfern sehr positive Eigenschaften und Einstellungen, Wertvorstellungen assoziiert werden – es handelt sich um emotionsbezogene Metapher in dem Sinne, dass mit den Frontkämpfern in der finnischen Gesellschaft Gefühle wie Stolz, Dankbarkeit und Anerkennung assoziiert werden, wobei es in der deutschen Kultur wohl eher um Scham- und Schuldgefühle handelt. Die Funktion besteht darin, eine Analogie zwischen den Frontkämpfern (‚rintamamies’) in beiden an sich wichtigen Kriegen herzustellen und dadurch deutlich zu machen, dass die Handlungsweisen der Hauptfigur rechtfertigt sind. Nun liegt das Problem nicht nur in unterschiedlichen Konnotation bei den Elementen des Quellenbereichs; auch die Elemente des Zielbereich, auf die gewissen Merkmale projiziert werden, sind kulturabhängig. Die Geschlechterrollen sind nicht einfach gleichzusetzen in der finnischen und deutschen Kultur – z.B. ist der Anteil von Hausfrauen wesentlich höher in Deutschland ?? – und es lässt sich fragen, wie gut die im Roman beschriebene Rolle des Mannes für einen deutschen Leser nachvollziehbar ist. Der Unterschied im Funktion besteht darin, dass im Original damit dem Leser die Möglichkeit anbietet, sich mit der Hauptfigur und seinen Problemen identifizieren zu können; dem deutschen Leser ist es wiederum eine fiktive Schilderung.
Eine wichtige Funktion ist, die Analogie zu konstruieren (es handelt sich um neue, werkspezifische Metapher) und die relevanten Merkmale, die beiden Objekten gleich sind, zu aktivieren. Da dies durch kulturspezifische Konnotationen geschieht, mag es der Fall sein, dass die Analogie bei einem anderskulturellen Rezipienten gar nicht aktiviert wird, sondern dass seine Interpretation ausschließlich auf der sprachlichen Ebene bleibt (die übertragene Ebene bleibt unverständlich, der Rezipient interpretiert den Ausdruck nicht als Metapher da sie bei ihm keine im Kontext passenden Assoziationen wecken kann)
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